Streit um neuen Funktionär in der Uefa: Bock im Hühnerstall

Der Katarer Nasser Al-Khelaifi wird in die Machtzentrale der Uefa berufen. Dabei soll sein Klub die Regeln des Verbandes gebrochen haben.

Nasser Al-Khelaifi, Präsident des Fußballklubs Paris Saint-Germain

Trickser oder legitimer Vertreter? Nasser Al-Khelaifi, Präsident des Fußballklubs Paris Saint-Germain Foto: Panoramic/imago

Am Mittwoch berieten die Funktionäre des europäischen Fußballverbandes Uefa über eine Regel, die seit ihrer Einführung, 1965, tausendfach über Sieg und Niederlage entschieden hat. Obwohl sie anfangs umstritten war, schienen sich alle an die Auswärtstorregel gewöhnt zu haben. Sie besagt, dass bei Gleichstand der Ergebnisse aus Hin- und Rückspiel die im fremden Stadion mehr erzielten Tore den Ausschlag geben. Doch seit ein paar Monaten regt sich Unmut.

Künftig könnte es bei Torgleichstand zu einer Verlängerung kommen – so wie bereits jetzt bei exakt gleichen Hin- und Rückspielresultaten. Im September hatten sich mehrere Spitzentrainer wie Thomas Tuchel nach einem Treffen in der Uefa-Zentrale in Nyon für eine Abschaffung der Regel ausgesprochen. „Sie denken, dass das Erzielen von Auswärtstoren nicht mehr so schwierig ist wie in der Vergangenheit“, sagte Uefa-Wettbewerbsdirektor Giorgio Marchetti danach. „Sie haben sich für eine Überprüfung ausgesprochen, und das werden wir tun.“

Scheinbar ohne tiefgreifende Überprüfung hat es Thomas Tuchels Chef bei Paris St. Germain, Nasser Al-Khelaifi, in die Exekutive der Uefa geschafft. Seine Wahl am Donnerstag beim Treffen der Uefa-Oberen in Rom ist nur noch Formsache. Auch Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, sieht in der Berufung des Katarers eine sinnvolle Integrationsmaßnahme in abendländische Entscheidungsgremien: „Mit der Funktion im Exko wird Al-Khelaifi noch stärker in das Regelwerk der Uefa eingebunden sein. Damit steigt auch seine Verantwortung, sich generell und natürlich besonders in seinem Verein für die Einhaltung des Financial Fair Play einzusetzen“, sagte Grindel.

Sein spanischer Verbandskollege, Javier Tebas, ist anderer Meinung: „Seine Ernennung muss abgelehnt werden, da sie gegen alle zumutbaren Regeln der guten Regierungsführung verstößt.“ Mit Al-Khelaifi werde der Bock zum Gärtner gemacht, wenden Kritiker ein, und die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Der Fuchs muss nur lange genug in den Hühnerstall dürfen, dann wachsen ihm Federn und er fängt an, Eier zu legen.“

Clubs umgehen Financial Fair Play

Wer hat nun recht? Ist Al-Khelaifi ein Trickser, der die angeblich so hehren Gerechtigkeitsgrundsätze der Uefa, Financial Fair Play genannt, verletzt hat, oder ist er ein legitimer Vertreter der Vereinigung europäischer Klubs, ECA, die das Recht hat, zwei Vertreter in die Uefa-Exekutive zu entsenden? Fakt ist, dass seit 2011, dem Zeitpunkt der Übernahme von Paris St. Germain durch den Staatsfonds Qatar Sports Investments, dem Al-Khelaifi vorsteht, aus dem französischen Klub dank großer Summen ein Global Player auf dem Fußballmarkt geworden ist.

Paris St. Germain scheute sich nicht, den Brasilianer Neymar für 222 Millionen Euro zu verpflichten, und spätestens seit dieser Transaktion fragt man sich, wie das zusammengehen soll, dass sich Ein- und Ausgaben, wie es die Uefa vorschreibt, in der Waage halten. Wie aus den Veröffentlichungen von Football Leaks hervorgeht, fanden Klubs wie PSG oder das von Abu Dhabi aus gesteuerte Manchester City Mittel und Wege, das Financial Fair Play zu umgehen.

Reinhard Grindel, DFB-Chef

„So wird Al-Khelaifi noch stärker ins Regelwerk der Uefa eingebunden“

Die Idee: Sponsoren zahlen hohe Beträge an die Klubs, wobei aber im Dunkeln bleibt, wer tatsächlich hinter den Zahlungen steht. Hat also beispielsweise Etihad Airways 80 Millionen Euro an den englischen Klub bezahlt oder nur 8 Millionen – und den Rest steuerten Firmen über dunkle Kanäle bei, die mit dem Klubeigner irgendwie in Verbindung stehen.

Beschuldigter, Ankläger und Richter

PSG und ManCity, so legt es der Spiegel nahe, haben das Financial Fair Play mit Buchungstricks und findigen Finanzkonstrukten unter Duldung des Kontinentalverbandes unterlaufen. Aber nicht nur das: Der ehemalige Generalsekretär der Uefa und heutige Fifa-Chef Gianni Infantino habe nicht nur nichts gegen die Umtriebe der Großklubs unternommen, er soll auch noch Hinterzimmerdeals ausgehandelt haben.

Im Zuge der Football-Leaks-Veröffentlichungen gab die Uefa im November vergangenen Jahres eine wachsweiche Erklärung ab: „Sollten neue Informationen darauf hindeuten, dass zuvor abgeschlossene Fälle missbraucht wurden, können diese Fälle von Fall zu Fall wieder geöffnet werden.“

An der Fallbearbeitung ist nun mittelbar auch Nasser Al-Khelaifi beteiligt. Das ist für den Katarer und die gesamte Uefa bestimmt von Vorteil, denn er muss sich nicht erst mühsam in die Materie einarbeiten. Al-Khelaifi könnte Beschuldigter, Ankläger und Richter in einer Person sein. Gianni Infantino würde sicherlich von „Synergieeffekten“ sprechen.

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