Siemens-Alstom-Hochzeit

Münchener Konzernchef bringt Ministererlaubnis auf EU-Ebene ins Spiel, um die Fusion des ICE- und des TGV-Herstellers gegen Kartellbehörden durchzusetzen

Im Ringen um die geplante Fusion der Bahnsparten von Siemens und Alstom hat sich Siemens-Chef Joe Kaeser für die Möglichkeit einer Ministererlaubnis auf EU-Ebene ausgesprochen. „Das deutsche Wettbewerbsrecht hat eine sehr kluge Konstellation“, sagte Kaeser am Mittwoch auf der Hauptversammlung von Siemens in München. „Es verlässt sich zunächst einmal auf die technische Kompetenz von Wettbewerbshütern.“ Doch es gebe eben auch die Möglichkeit „einer längerfristigen, ganzheitlichen, integrativen Betrachtung von Interessen und Werten: Ministererlasse. Vielleicht könnten wir das einmal auch von Deutschland in die EU exportieren“, sagte Kaeser.

Siemens stellt den Hochgeschwindigkeitszug ICE her, Alstom das französische Pedant TGV. Die Konzerne möchten ihre Zugsparten zu einem „europäischen Champion“ zusammenschließen. So wollen sie sich gegen die drohende staatlich gelenkte Konkurrenz aus China wappnen. Derzeit bemühen sich Siemens und Alstom darum, die EU-Kommission von der Fusion zu überzeugen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sieht das Vorhaben aber äußerst kritisch. Denn die Zugsparten von Siemens und Alstom gehören zur Weltmarktspitze. Bis zum 18. Februar muss auf europäischer Ebene eine Entscheidung fallen.

Senken in Deutschland die Wettbewerbshüter vom Bundeskartellamt bei einer geplanten Fusion den Daumen, ruhen die letzten Hoffnungen der betroffenen Unternehmen auf Berlin. Auf Antrag kann der Bundeswirtschaftsminister nach Paragraf 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ein Nein der Kartellwächter mit einer sogenannten Ministererlaubnis überstimmen – wenn „die gesamtwirtschaftlichen Vorteile“ die Wettbewerbsbeschränkungen aufwiegen oder der Zusammenschluss durch ein „überragendes Interesse der Allgemeinheit“ gerechtfertigt ist. Auf europäischer Ebene ist das bislang nicht vorgesehen.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte mit einer Erlaubnis den Verkauf der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann an Edeka erlaubt, der vom Bundeskartellamt untersagt worden war. Gabriel soll im Verwaltungsrat des Gemeinschaftsunternehmens von Siemens und Alstom sitzen. (dpa, taz)