Kommentar Söder nach CSU-Parteitag: Sündenbock entlaufen

Hinter den Verfehlungen des Horst Seehofer kann sich Markus Söder nun nicht mehr verstecken. Er ist jetzt auf allen Ebenen für die CSU zuständig.

Markus Söder steht in einem dunklen Saal, fast versteckt in der unteren linken Bildhälfte

Verstecken geht jetzt nimmer – Markus Söder muss jetzt liefern Foto: reuters

Die Zeit der Ausreden ist vorbei. Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres ist Markus Söder nun seinem Erzrivalen Horst Seehofer im Amt nachgefolgt – die CSU hat ihn bei ihrem Parteitag in München am Samstag zum Parteichef gewählt, und nun steht er allein da. Anders als noch bei der Landtagswahl, in die Söder seine Partei immerhin als Spitzenkandidat geführt hatte, wird ihm Seehofer nun nicht mehr als Sündenbock zur Verfügung stehen. So ungeschoren wie damals wird Söder bei weiteren Niederlagen nicht mehr davonkommen. Schon bei der Europawahl wird es darauf ankommen, dass die CSU ihr Ergebnis zumindest als Trendwende verkaufen kann.

Während der Posten des bayerischen Ministerpräsidenten stets das Ziel der Söderschen Träume war, hat der Franke sich um den Parteivorsitz nicht gerissen. Schließlich hat er mit der Bundespolitik immer ein wenig gefremdelt. Das kann er sich nun nicht mehr leisten, künftig ist Söder auf alle Ebenen für seine Partei zuständig. Jetzt muss er, wie es so schön heißt, liefern.

Mit Seehofer tritt ein CSU-Chef ab, der sich bei allem Wankelmut in einigen wesentlichen Fragen dennoch von politischen Idealen hat leiten lassen. Mit solchen hat sich Söder nie belastet. Seine Agenda war eine andere. Erfolg stand darauf und der war das einzige, was für ihn zählte. Wenig überzeugend fiel daher auch der Versuch aus, sich nach seiner ersten Wahl zum Ministerpräsidenten im letzten Frühjahr als treu sorgender Landesvater neu zu erfinden.

Nach außen hin will sich Söder nun zunächst mal mit einer Föderalismus-Initiative profilieren. Genauso wichtig sind aber die internen Reformen. Söder wird nicht von Themen getrieben, aber er erkennt sie, er weiß, wo sich auch eine konservative Partei dem Zeitgeist nicht mehr verschließen kann. Das ist seine Chance. Wenn Söder die CSU jünger, weiblicher, moderner, sozialer, ja, sogar grüner machen will, wenn er sie „urbanen Lebensentwürfen“ gegenüber öffnen will, muss das nicht seiner inneren Überzeugung entspringen, wohl aber seiner Überzeugung, dass eine Volkspartei andernfalls heute keinen Erfolg mehr haben wird.

Die Zeit bis zur Kommunalwahl rast

Söder kennt die Partei, kann auf ein hervorragendes Netzwerk zurückgreifen. Trotzdem wird es nicht leicht werden, die CSU umzukrempeln. Es wird in den eigenen Reihen erheblichen Widerstand geben – etwa von Mitgliedern, die weder jung noch weiblich sind und um ihre Macht fürchten. Auch die Wendigkeit einer Partei mit 140.000 – zu einem großen Teil schon älteren – Mitgliedern sollte nicht überschätzt werden. Bis zum nächsten regulären Parteitag im Herbst gibt sich die CSU jetzt Zeit, um ihren Reformprozess in Gang zu kriegen. Viel mehr Zeit bleibt auch nicht. 2020 sind Kommunalwahlen in Bayern.

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Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.

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