Es ist was mit Opa

André Herrmanns Roman „Platzwechsel“ erzählt vom besonderen Verhältnis zwischen Enkeln und Großeltern – und dem Gefühl, zu Hause zu sein

Von Frank Keil

Das besondere Verhältnis zwischen Enkeln und Großeltern ist das Feld, auf das sich André Herrmann in seinem zweiten Roman „Platzwechsel“ (Voland & Quest, 300 S., 20 Euro) begibt. Es geht in die sachsen-anhaltinische Provinz, der Herrmanns Protagonist André bis eben glaubte, entkommen zu sein; wohnt er doch dort, wo man im Osten als junger Mensch zu wohnen hat: in Leipzig.

Doch nun ist er wieder „Zuhause“ – ein besseres Wort dafür gibt es nicht. Also dort, wo die Eltern leben und der bis heute beste Freund wie gewohnt rabiat durch ein Leben stolpert, das er zugleich sicher verpassen wird; wo einen alle kennen, auch wenn man sich so sicher war, dass man damals als Fremder gegangen ist.

Und so schnell wird André nicht wieder wegkommen, denn es ist etwas mit Opa: Der ist je nach Tagesform leicht bis schwer verwirrt; will seine Sachen packen und gehen – weiß nur nicht, wohin. Denn Opa lebt nun dort, wo er nie leben wollte: im Heim. Und André mag seinen Opa, was auf Gegenseitigkeit beruht.

Herrmann ist seit 2007 in der Poetry-Slam-Szene unterwegs, konnte mit seinem Projekt „Team Totale Zerstörung“ verschiedene Preise einheimsen, schreibt für Böhmermanns „Neo Magazin Royal“ und andere Comedy-Formate. Dabei ist er ebenso feinfühliger Beobachter geblieben, wie er es auch versteht, im richtigen Moment auf kraftvolle Situationskomik zu setzen, ohne dabei unnötig derb zu werden.

Traurig ist sein Buch und sehr laut – es wird viel geschrien, wenn Opa und André auf ihre Familie stoßen – aus André wird sogleich der „Antreh!“ Dabei ist Opa nicht schwerhörig, sondern eben dement. Es entspinnt sich eine rasante Heimatkomödie zwischen Alltag und Ausnahmezustand, auch Liebe kommt vor, getragen von feiner Beobachtungsgabe und ausgefeilter Dialogkunst. Das von dessen Schöpfer vorgelesen zu bekommen, dürfte ein zusätzlicher Genuss sein.

Do, 24. 1., 20 Uhr, Grüner Jäger