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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Ticketloser ÖPNV

„Der Irrweg der Chefjuristin“, taz am wochenende vom 5./6. 1. 19

Wenn Stefan Alberti noch nie in Städten wie Paris oder London gewesen ist und sich keine Zugangsschranken zur Metro vorstellen kann („ohne Strafen würde der Ticketkauf zur freiwilligen Leistung“), ist das persönlich schade für ihn. Journalistisch schon bedenklicher ist, dass sein Kommentar zur Entkriminalisierungsforderung von Generalstaatsanwältin Koppers so klingt, als habe der Autor die langjährige Debatte über einen fahrscheinlosen ÖPNV komplett verschlafen.

Besonders ärgerlich ist aber aus bürgerrechtlicher Sicht, wie bedenkenlos für Alberti offenbar ein monetärer Zweck („700 Millionen aus dem Landeshaushalt“) bereits das Mittel des staatlichen Strafens heiligt – mit all seinen Folgen.

Sollte einem Kommentator in einem linksliberalen Medium, selbst wenn er strafrechtswissenschaftlich ahnungslos ist, nicht zumindest klar sein, dass Kriminalisierung nur als Ultima Ratio zum Rechtsgüterschutz legitim sein kann?John Philipp Thurn, Berlin

Falsch verstanden

„Der Irrweg der Chefjuristin“, taz am wochenende vom 5./6. 1. 19

Stefan Alberti hat es wohl nicht richtig verstanden: Schwarzfahren würde – wenn es nach der Generalstaatsanwältin geht – weiterhin eine Ordnungswidrigkeit sein und mit Bußgeld sanktioniert werden, nur eben keine Straftat mit Anklage, Hauptverhandlung und gegebenenfalls Freiheitsstrafe. Peter Osten, Wernigerode

Lappentausch

„Berliner Szenen: Eine Aura von Verderbnis“, taz vom 8. 1. 19

Herr Hamann saß vielleicht wohl etwas verwirrt beim Warten in einer Klinik, wenn er schreibt: „Es gab [...] Pflegekräfte, die sich in Raum- und Körperpflege unterteilten, und das medizinische Fachpersonal.“ Pflegekräfte sind Fachkräfte. Krankenschwestern (gibt es auch als Bachelorstudiengang) haben 3 Jahre Ausbildung hinter sich, als Fachschwester 5 Jahre. Die Unterteilung in Raum- und Körperpflege ist nicht wirklich witzig, da soll Herr Hamann bloß aufpassen: Vielleicht tauschen die Mannschaften untereinander die Lappen, wenn sie ihn mal in die Hände bekommen! Kathleen Weise, Pulsnitz

Ohne Wohnsitz

„Nur eine Art Nothilfe“, taz vom 8. 1. 19

Sehr geehrte Redaktion, ich schätze, dass auch Sie über Obdachlosigkeit berichten. Ich bin Rechtsanwalt auf dem Gebiet des Sozialrechts und des Ausländerrechts. Schon mehrfach habe ich jemanden eingestellt, der „ohne festen Wohnsitz“ war.

In diesem Zusammenhang stößt man auf ein Problem, das richtig nervt. Über jeden Arbeitnehmer muss ich die Lohnsteuerklasse in Erfahrung bringen.

Früher gab es da die Lohnsteuerkarte und jetzt gibt es das Onlinemodul Elstam. Dabei gibt es dort folgende Regel: Macht das Modul eine Fehlermeldung, gilt die ungünstigste Lohnsteuerklasse, die 6. Nun ist das so, dass bei jedem „ohne festen Wohnsitz“ diese Fehlermeldung auftritt. Folglich wird Obdachlosigkeit steuerrechtlich bestraft. Bei einem Brutto von 500 Euro sind 56,58 Euro Lohnsteuer zu zahlen. Andere potenzielle Arbeitgeber werden durch die Fehlermeldung eher abgeschreckt. Sie werden ein Arbeitsverhältnis daher nicht eingehen. Obdachlosigkeit wird dadurch zur Falle. Torsten Dirk Hübner, Dresden

Gesamtbeißstatistik

„Ein Fall für Herrn Mux“, taz vom 4. 1. 19

Herr Efler sagt, unwidersprochen von Ihnen, alle Experten seien sich einig, es gebe keine gefährlichen Hunde. Was sind das für „Experten“? Offensichtlich gibt es ungefährliche Hunde, zum Beispiel Yorkshire Terrier, (Zwerg-)Pudel, Rehpinscher, Dackel, Möpse, etc. Gefährlich sind dann, so kann man messerscharf schließen, alle Hunde, die nicht ungefährlich sind. So wie alle Autos gefährlich sind, und man deshalb einen Führerschein braucht – während man den für Schubkarren nicht benötigt. Darin sieht ja auch niemand eine Diskriminierung oder Verteufelung des Autos.

Ist das Problem nicht weniger, nicht zu wissen, welche Hunde gefährlich sind, also die Kraft haben, zu töten, als dass beliebte Rassen, vorneweg der „Deutsche“ Schäferhund – der auch noch mit mieser Gesamtbeißstatistik – dazugehören? Und da halt keiner dran will? Silke Karcher, Berlin

Möhre aus der Erde

„Currywurst für 17 Euro“, taz vom 9. 1. 19

bin derzeit bei bekannten, welche hartnäckig an der idee festhalten, von ihrer hände arbeit leben zu wollen – durch produktion von lebensmitteln womöglich. ich kann deshalb ähnliches berichten. die kundschaft kommt immer häufiger im hausfrauenpanzer zum bioladen. die qualitätsansprüche sind dementsprechend – wenn man der möhre ansieht, dass sie in erde großgeworden ist, geht gar nicht! spuren von eben dieser erde könnten ja auch im geliebten panzer landen. ist fleisch im angebot – für die völlig entfremdeten: winterzeit ist schlachtzeit –, bitte nur filet. warum haben diese blöden viecher eigentlich immer nur so wenig filet? und so viel suppenfleisch? bäh. die krönung war kürzlich kundschaft, welche vom filet nur das mittelteil wollte. diese lästigen zipfel immer. und dann so teuer! der bauer blieb cool. filet bleibt im haus. und raus! Boris Krumm, Hopfgarten