Kommentar US-Besuch in der Türkei: Erdoğan pokert weiter

Der türkische Krieg gegen die kurdische YPG ist beendet, bevor er begonnen hat – gut so. Zwischen Trumps Berater und Erdoğan wird es schwierig.

Zwei US-Soldaten blicken von ihrer Basis von Syrien aus zur türkischen Grenze hinüber

Zwei US-Soldaten blicken von ihrer Basis von Syrien aus zur türkischen Grenze hinüber Foto: dpa

Wenn Trumps Sicherheitsberater John Bolton am Dienstag in Ankara auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan trifft, werden wohl die Fetzen fliegen. Beide sind nicht für diplomatische Zurückhaltung bekannt und die Meinungen könnten nicht gegenteiliger sein. Es geht, wieder einmal, um die syrische Kurdenmiliz YPG. Sie sind Verbündete der USA im Kampf gegen den IS, werden aber von der türkischen Regierung für einen Ableger der PKK gehalten, die seit über 30 Jahren bewaffnet und durchaus auch mit terroristischen Mitteln gegen den türkischen Staat kämpft.

Als der Alleinentscheider Trump dem Alleinherrscher Erdoğan kurz vor Weihnachten am Telefon versprach, die US-Soldaten aus Syrien in wenigen Wochen abzuziehen, schien die türkische Politik ein lange angestrebtes Ziel erreicht zu haben. In Ankara glaubte man, endlich freie Hand zu haben, um gegen die YPG-Miliz im Südosten Syriens vorgehen zu können. Für Erdoğan ist sie sowieso viel gefährlicher als der IS, doch sie stand bislang unter dem Schutz der USA.

Nur gut zwei Wochen später, nach heftiger Kritik an Trumps einsamer Rückzugsentscheidung, ist wieder alles anders. Trump hat den Rückzug vom Rückzug erklärt, und Bolton sagte vor zwei Tagen, die US-Truppen würden sich auch langfristig nur dann aus Syrien zurückziehen, wenn Erdoğan zusichern würde, die kurdischen US-Verbündeten nicht anzugreifen. Bereits vorher hatte Erdoğans „Freund“ Putin klargemacht, dass ein von den USA geräumtes Kurdengebiet ein Fall für Assads Regierungstruppen und nicht für die türkische Armee sei.

Dennoch pokert Erdoğan weiter. Er lässt Truppen an die syrische Grenze schaffen und versucht, den Anschein zu erwecken, dass ein erneuter Einmarsch in Syrien jederzeit stattfinden kann. Doch gegen den Willen der USA und Russlands kann die Türkei in Syrien keinen Schritt tun. Der Krieg gegen die YPG ist beendet, bevor er begonnen hat, und das ist gut so. Vielleicht können Putin und Trump gemeinsam Erdoğan auf den Weg zu einer politischen Lösung bringen.

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