Kolumne Liebeserklärung: Ungefragt getrumpt

Eine von bösen Menschen „Dermophis donaldtrumpi“ genannte Amphibie kann sich nicht wehren – da schleimen wir uns an ihre Seite.

Schleichenlurch

Da schlurcht er, der Arme! Foto: dpa

Eigentlich ist es eine grobe Beleidigung: Ein neu entdeckter, wurmartiger, schleimiger, blinder, unterirdisch lebender Lurch mit hervorstehenden Tentakeln am Maul wird nach dem US-Präsidenten Donald Trump benannt – das hat die Amphibie nun wirklich nicht verdient! Weshalb Dermophis donaldtrumpi an dieser Stelle gewürdigt und geehrt sein soll.

Schleichenlurche werden viel zu wenig beachtet. Es handelt sich bei den auch Blindwühlen genannten Tieren um die dritte Ordnung der Amphibien. Anders als ihre prominenteren Verwandten, die Frösche auf der einen und die Salamander auf der anderen Seite, verfügen sie über keine Beine mehr und leben überwiegend komplett unterirdisch. Im Boden nehmen sie mit den in ihren Tentakeln befindlichen Chemorezeptoren Geruchsstoffe von Partnern und Beute auf.

Augen brauchen sie dafür nicht, weshalb diese sich im Lauf der 60 Millionen Jahre, in denen sie schon so unaufgeregt vor sich hin wühlen, zurückgebildet haben. Blindwühlen können gerade noch Hell und Dunkel unterscheiden, damit sie sich nicht versehentlich ans Tageslicht buddeln.

Genau dieses Schwarz-Weiß-Sehen hat die britische Firma EnviroBuild an Trump erinnert und sie veranlasst, die Namensrechte an der im Regenwald Panamas neu entdeckten Art für 25.000 Dollar zu erstehen. Zumal sich weitere Parallelen aufdrängten: So wie Trump die Tatsache des menschengemachten Klimawandels nicht sehen will, steckt auch Dermophis den Kopf in den Boden, um von der Wirklichkeit da oben nichts mitzubekommen. Auch das ziemlich faszinierende Brutpflegeverhalten kam den Recyclingmöbelherstellern bekannt vor: Die Jungwühlen raspeln eigens ausgebildete Nährschichten vom elterlichen Körper ab – da lag der Gedanke an Trumps Familienversorgung durchaus nahe.

Vor allem aber ist die charmante Wühle besonders stark bedroht durch die Lebensraumzerstörung, welche durch die Politik ihres fiesen Namensvetters befördert wird. Gut also, dass das Geld dem Rainforest Trust zum Schutz der Regenwälder zugutekommt. Das Tierchen selbst wird sich einen Dreck, in dem es nun einmal lebt, darum scheren, nach wem es benannt ist. Also, lieber Schleichenlurch: Augen zu und durch!

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Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

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