heute in bremen
: „Moment der Nützlichkeit verschaffen“

Foto: Volker Althaus

Tobias Sailer, 38, Leiter des Big-City-Improtheaters und Schauspieler in „Zwischen den Waren“.

Interview Lea Schweckendiek

taz: Herr Sailer, was wird zu Ihrer Aufführung mitgebracht?

Tobias Seiler: Unser Publikum bringt Weihnachtsgeschenke mit, die ihren Zweck des Freudebereitens nicht erfüllt haben. Meist lösen sie eher Frustration aus, weil sie entweder weggeworfen werden oder verstauben müssen. Dabei steht hinter ihnen ja nicht nur viel Aufwand und Ressourcen in der Produktion und Beschaffung, sondern immerhin auch die Bemühungen des Schenkenden.

Was passiert während der Vorstellung dann mit denen?

Wir versuchen, ihnen einen Moment der Nützlichkeit zu verschaffen. Die ungeliebten Geschenke dienen für uns als Inspiration: wir machen aus ihnen Geschichten und Lieder, Tanz oder Monologe. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Wie kann man sich solche Geschichten vorstellen?

Im letzten Jahr zum Beispiel wurde ein Muffinaufsteller mit zur Aufführung gebracht. In einer Improvisation gibt es dann verschiedene Ansätze: ich könnte mit meinem Ehepartner eine Geburtstagsparty organisieren, bei der dieser Aufsteller eine wichtige Rolle spielt. Oder ich beschreibe den Aufsteller: drahtig, wackelig, dünn und windig. Dann kann einer meiner Schauspielpartner daraus eine Figur erschaffen.

Und wenn die Vorstellung vorbei ist?

Wir hoffen, dass wir mit unserer Improvisation den Gegenständen neues Leben schenken. Dann wird gewichtelt: die Menschen wollen das Mitgebrachte nicht mehr und tauschen es gegen die Geschenke der Anderen ein.

Wichtel-Improtheater „Zwischen den Waren“: 19.30 Uhr, City 46 Birkenstraße 1, Eintritt: 6 bis 14 Euro.

Wie bereiten Sie sich auf eine improvisierte Vorstellung vor?

Wir üben das improvisierte Spielen in wöchentlichen Workshops und Trainings. Sich in der Vorstellung auf die mitgebrachten Gegenstände einlassen zu könne, ist besonders wichtig: man muss zuhören und wahrnehmen, Fäden aufgreifen und Entscheidungen treffen.

Haben Sie selbst solche unliebsamen Geschenke bekommen?

Ich schätze, das hat wohl fast jeder. Bei mir war es eine Saftpresse, die meine Mutter mir geschenkt hat. Sie war so überzeugt von der Nützlichkeit des Geschenks – mir war aber klar, dass es nichts weiter als Platz im Schrank wegnehmen würde.