„Plastic Attack“-Aktivistinnen über Müll: „Jeder Schritt hilft“

Die Aktivist*innen der Bremer Initiative „Plastic Attack“ packen im Supermarkt die Einkäufe der Kund*innen aus, um zu zeigen, wie viel Verpackungsmüll dabei entsteht.

In Plastik verpackte Tomaten und Salatherzen liegen in einem Kühlschrank.

Allgegenwärtig: Plastikverpackungen Foto: dpa

taz: Wie viel Verpackungsmüll kommt bei Ihren „Plastik-Attacken“ zusammen, Frau Morgenbesser und Frau Paul?

Julia Morgenbesser: Wenn wir bei unseren Attacken die Lebensmitteleinkäufe von etwa zehn Personen auspacken und den Müll sammeln, kommen im Schnitt ein bis drei volle Einkaufswägen Verpackungsmüll zusammen. Das ist von Supermarkt zu Supermarkt sehr unterschiedlich

Wie reagieren die Supermärkte auf die Aktionen?

Natascha Paul: Die meisten Märkte geben uns sehr positives Feedback. Wie viel Verpackung in den Supermärkten genutzt wird, liegt ja auch gar nicht direkt am einzelnen Markt – das Problem liegt vielmehr in der Produktion. Wenn wir unsere Einkäufe in den Märkten auspacken, um mit dem Müll auf die Situation aufmerksam machen, schafft das ja auch eine Argumentationsbasis der einzelnen Märkte gegenüber Vorgesetzten, die eher Entscheidungskompetenzen haben.

Ihre Aktionen richten sich an die Einkaufenden im Supermarkt. Verstehen Sie sich also eher als konsum- denn als kapitalismuskritisch?

Julia Morgenbesser: Wir wollen die Konsument*innen nicht für ihre Kaufentscheidungen kritisieren. Es geht nicht darum, mit dem Finger auf die Menschen zu zeigen. Vielmehr wollen wir sensibilisieren und dazu anregen, Kaufentscheidungen ein bisschen bewusster zu treffen. Unsere Kritik richtet sich durchaus auch an die Wirtschaft – es muss ein Wandel in der Produktion stattfinden.

Natascha Paul: Genau. Wir hoffen, so viele Menschen in ihrem Kaufverhalten positiv zu beeinflussen, dass ihr Konsum einen Unterschied macht, sodass die Wirtschaft zum Umdenken bewegt wird.

Schränken Sie selbst Ihren Konsum ein?

Julia Morgenbesser: Ich kaufe am liebsten regionale Lebensmittel und ich gebe mir Mühe, so weit wie es möglich ist, Verpackungen zu vermeiden. Natürlich geht das nicht immer. Und das ist auch unsere Botschaft: Niemand muss perfekt konsumieren. Aber jeder Schritt hilft.

Natascha Paul: Ich würde das auch gar nicht Einschränkung nennen – ich kaufe gern unverpackt ein. Bewusster Konsum macht viel mehr Spaß als unkoordiniertes Viel-Kaufen.

26, studiert Psychologie an der Uni Bremen.

Manchmal muss man sich entscheiden: Verpackte Karotten aus Deutschland oder die unverpackten aus Argentinien …

Julia Morgenbesser: Wenn es sich wirklich gar nicht vermeiden ließe, würde ich die verpackten nehmen. Das Kerosin für den Weg nach Deutschland ist für die Umwelt kein Stück besser als die Plastikverpackung. Umweltschutz hat immerhin mehr Facetten als nur Plastikmüll. Außerdem finde ich es wichtig, die regionale Landwirtschaft zu stärken. Wichtig ist es dann aber, das Plastik vernünftig zu recyceln.

Natascha Paul: Wenn Zeit dafür ist, schaue ich auch nochmal in einem anderen Supermarkt, ob ich dort eine unverpackte und regionale Alternative bekommen kann.

Welche sind Ihre favorisierten Maßnahmen gegen die Verschwendung von Plastik?

29, arbeitet bei einem Bremer Logistikdienstleister.

Julia Morgenbesser: Am simpelsten finde ich den Verzicht auf Einwegtüten. Jede*r könnte doch einen Beutel in der Tasche haben. Außerdem sollten wir lernen, angemessen zu recyceln.

Natascha Paul: Plastiktüten können ja auch ausgewaschen und wiederverwendet werden, auch Joghurtgläser kann man mehrfach nutzen. Da gibt es so viele Möglichkeiten. Außerdem kann man in Bremen gut in Unverpackt-Läden einkaufen, im Viertel und in der Neustadt gibt es die. Da müsste allerdings das Angebot noch deutlich ausgebaut werden, damit unverpackte Lebensmittel leichter zugänglich sind.

Sie schauen nicht nur kritisch auf Konsum und Wirtschaft, sondern kritisieren auch die Politik. Inwiefern?

Julia Morgenbesser: Wir haben den Eindruck, dass es der Politik viel mehr um wirtschaftliche Interessen als um das Retten unseres Planeten geht. Das ist nicht nur in Bremen, sondern deutschlandweit ein Problem – und müsste ganz dringend geändert werden.

Wie haben Sie Ihre Weihnachtsgeschenke verpackt?

Julia Morgenbesser: Ich finde Verpackungen toll, die selbst Teil des Geschenks sind. Ein Geschirrtuch zum Beispiel.

Natascha Paul: Natürlich kann man Geschenkpapier auch wiederverwenden, wenn man selbst welches geschenkt bekommen hat. Oder man dekoriert mit Dingen aus der Natur – etwa mit Tannenzapfen oder trockenem Lavendel. Es gibt so viele Möglichkeiten, nachhaltig und trotzdem schön zu schenken.

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