Philippinischer Anti-Drogenkrieg: Polizisten wegen Mordes verurteilt

In den Philippinen müssen erstmals Polizisten wegen der Tötung eines angeblichen Drogendealers ins Gefängnis. Sie wurden bei ihrer Tat gefilmt.

Menschen protestieren

Nach dem Mord an dem Jugendlichen kam es erstmals zu Protesten gegen Dutertes „Drogenkrieg“ Foto: dpa

BERLIN taz |Wegen der Ermordung eines 17-jährigen angeblichen Drogendealers in einem Vorort Manilas sind drei Polizisten zu Gefängnisstrafen von bis zu 40 Jahren verurteilt worden. Das erste Urteil dieser Art beinhaltet das Verbot einer Begnadigung in den nächsten 30 Jahren, schließt eine Berufung aus und sieht zudem Geldstrafen vor.

Der Mord an Kian Loyd delos Santos im August 2017 hatte erstmals zu Protesten gegen den von Präsident Rodrigo Duterte ausgerufenen „Krieg gegen die Drogen“ geführt. Daraufhin setzte der Präsident seine umstrittene Törungspolitik für zwei Monate aus und ordnete eine Untersuchung an.

In der Nacht von delos Santos Tötung in einem Slum war landesweit die Rekordzahl von weiteren 81 mutmaßlichen Drogendealern oder -süchtigen von der Polizei oder mutmaßlichen Todesschwadronen erschossen worden.

Im Fall delos Santos hatte eine Überwachungskamera die drei Polizisten der Lüge überführt. Sie hatten den um sein Leben flehenden Jungen nach seiner Festnahme, bei der er keinerlei Widerstand leistete, kaltblütig mit drei Schüssen erschossen, davon zwei in den Kopf.

Polizei und Todesschwadrone töten Tausende

Bis heute sind nach offiziellen Angaben seit Dutertes Amtsantritt am 30. Juni 2016 mehr als 5.000 mutmaßliche Drogendealer und -süchtige von der Polizei erschossen worden. Hinzu kommen Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen zufolge bis zu 20.000 von mutmaßlichen Todesschwadronen getötete Zivilisten.

Duterte hatte großspurig versprochen, mit den Leichen getöteter Drogendealer die Fische in der Bucht von Manila zu füttern. Zudem wollte er Polizisten vor Strafverfolgung schützen, denen im „Drogenkrieg“ Gesetzesverstöße vorgeworfen werden.

Lorenza delos Santos, die Mutter des Ermordeten

„Das Urteil beweist, dass mein Sohn unschuldig ist“

Nach dem jetzigen Urteil erklärte Dutertes Sprecher und Rechtsberater Salvador Panelo laut der Tageszeitung Philippine Daily Inquirer: „Hier geht es um vorsätzlichen Mord. Das wird der Präsident niemals tolerieren.“ Panelo wertete das nach nur sechs Monaten Prozessdauer gefällte Urteil als Zeichen einer „robusten und funktionierenden Justiz“.

Urteil ist „Warnung“ und „Sieg der Gerechtigkeit“

Menschenrechtsorganisationen lobten das Urteil. Es sei eine Warnung an die Polizei, sich an die Gesetze zu halten, erklärte Brad Adams von Human Rights Watch. Jose Manuel Diokno von der philippinischen Rechtshilfeorganisation Free Legal Assistance Group sprach von einem „Sieg der Gerechtigkeit“. Doch reiche dies nicht: „Das Töten muss beendet werden.“

Für Amnesty International beweist das Urteil, dass der Krieg gegen die Drogen Unschuldige treffe. Lorenza delos Santos, die Mutter des Getteten, erklärte: „Das Urteil beweist, dass mein Sohn unschuldig ist.“ Sie arbeitete zum Zeitpunkt des Mordes im Ausland und hat eine Verbindung ihres Sohne zu Drogen stets bestritten.

Ein Umdenken von Duterte und seinen Mitarbeitern ist in den Philippinen bisher nicht zu erkennen. Bereits im März hatte der Präsident den Rückzug seines Landes vom Internationalen Strafgerichtshof erklärt, nachdem dort Vorermittlungen wegen des Anti­drogenkrieges begonnen hatten.

Duterte kündigt neues Todesschwadron an

Und erst vor wenigen Tagen kündigte der unkonventionelle Populist an, Todesschwadronen gegen Killerkommandos der maoistischen Guerilla Neue Volksarmee einzusetzen. Von Duterte begonnene Friedensgespräche mit den Maoisten waren gescheitert. Zwar kontrollieren diese einige abgelegene Landstriche, doch sind sie bereits in den 1990er Jahren selbst von einer Politik gezielter Tötungen abgerückt. Ironischerweise redet einer solchen extralegalen Hinrichtungspolitik jetzt ausgerechnet der Präsident das Wort.

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