american pie
: New York sucht Messias

In der US-Metropole vergraulen die immerhin neun Profiteams ihre Fans. Sie machen sich lediglich mit ihrer Erfolglosigkeit Konkurrenz

Das Aufeinandertreffen zweier New Yorker Sportmannschaften entfacht gewöhnlich ein gehöriges Maß an Leidenschaft in der Stadt. In Büros werden Wetten abgeschlossen, jeder New Yorker hat die Gelegenheit Farbe zu bekennen und die Tickets erreichen auf dem Schwarzmarkt Rekordpreise.

Als am vergangenen Wochenende die New York Knicks über den East River fuhren, um gegen die Brooklyn Nets Basketball zu spielen, blickte in der Stadt jedoch kaum jemand von seinen Alltagsgeschäften auf. Selbst die Trainer der beiden Teams taten das ihre, um das Derby herunterzuspielen. „Um von einer echten Rivalität zu sprechen, müssen wir beide viel besser spielen“, sagte Nets Coach Kenny Atkinson.

Da wollte ihm niemand widersprechen. In der Bundesliga können Kellerduelle spannend sein, wenn es um den Abstieg geht, in der NBA aber, wo nur der eigene Ruf auf dem Spiel steht, mag man lieber wegschauen. Die Nets und die Knicks sind Letzter und Vorletzter in der Atlantic Division. Obwohl die Saison erst wenige Wochen alt ist, glaubt kaum einer noch an die Play-off-Teilnahme der beiden Teams.

So tauchte direkt gegenüber des Madison Square Garden in der vergangenen Woche ein fassadenhohes Transparent mit dem Konterfei von Kevin Durant auf. Darunter stand geschrieben: „Please make New York Sports great again“. Der Vertrag des Superstars der Golden State Warriors läuft im kommenden Jahr aus, und nun betet man in New York, dass er als eine Art Messias an den Hudson kommt, um die geplagten Fans hier zu erlösen.

Bei den Basketballteams läuft es schon lange nicht mehr, die letzte Play-off-Teilnahme der Nets liegt drei Jahre zurück, bei den Knicks sind es gar fünf. Die Vereine scheinen auch kein zukunftsweisendes Konzept zu haben. So bot jüngst ein lebenslanger Knicks Fan in einem Akt der Verzweiflung auf Ebay seine Anhängerschaft zum Ersteigern an. Ein LA-Lakers-Fan bot ihm dafür 3.500 Dollar. Jetzt sitzt der Ex-Knick brav im Lakers Block, wann immer die Kalifornier in der Region spielen.

Wer Trost bei weiblichen Kollegen der Knicks und Nets, den Liberty sucht, der hat leider auch kein Glück. Die Liberty haben dieses Jahr gerade einmal sieben Spiele gewonnen. Und sich einem anderen Sport zuzuwenden, ist derzeit ebenfalls keine Option. Denn in der Stadt, in der es ganze neun Profimannschaften gibt, sieht es trübe aus.

Die beiden Football-Teams, die Giants und die Jets, erleben jüngst zwar einen leichten Aufwind. Für die Play-offs, die zum Jahreswechsel anfangen, ist es jedoch für beide zu spät. Auch sie stehen in ihren Divisionen auf dem letzten Platz. Der Superbowl Sieg der Giants im Jahr 2011 ist nur noch eine vage Erinnerung.

Die Yankees, mit 27 World- Series-Siegen das Vorzeigeteam der Stadt, hatten es in diesem Jahr zwar bis in die Play-offs geschafft. Sie wurden jedoch gleich in der ersten Runde vom späteren Champion und Erzrivalen Boston gedemütigt. Die Mets aus Queens hingegen spielten so schlecht, dass ein pfiffiger Psychotherapeut im Programmheft kostenlose Therapiestunden für die Fans anbot.

Im Eishockey läuft es etwas besser, die Rangers und die Islanders bewegen sich in der noch jungen Saison wenigstens im Mittelfeld. Ihre Play-off-Chancen werden jedoch von den Buchmachern selten auf mehr als 20 Prozent geschätzt.

Zumindest die beiden Soccer-Teams Red Bull und NYCFC hätten dazu beitragen können, die graue Stimmung rund um die New Yorker Sportfelder aufzuhellen, beide Mannschaften standen in den Play-offs, die Red Bull verloren nur knapp das Halbfinale. Aber Soccer ist halt nur Soccer.

So bleiben den frustrierten New Yorkern in diesem Winter nur Erinnerungen an bessere Zeiten, an die Subway Series aus dem Jahr 2000 etwa, als die Nets und die Yankees gegeneinander um die World Series spielten. Das waren noch echte Rivalitäten. Eine Hoffnung hat man noch für die kommenden Monate: „Es ist eigentlich egal wer die Super Bowl gewinnt“, sagt Pete Vaccaro, der Sportkolmmnunist der New York Post. „Hauptsache es ist nicht Boston.“ Die New Yorker können vieles ertragen. Doch irgendwann ist das Maß voll. Sebastian Moll