heute in bremen
: „Es entsteht eine komplett neue Branche“

Foto: privat

Jochen Tholen, Ökonom und Soziologe am Institut Arbeit und Wirtschaft, forscht zusammen mit der Wirtschaftsgeografin Tina Schneider zum Tiefseebergbau.

Interview Jean-Philipp Baeck

taz: Herr Tholen, Tiefseebergbau soll im Pazifik stattfinden. Inwiefern betrifft uns die Diskussion?

Jochen Tholen: Alles, was am Meeresboden außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone von 400 Seemeilen passiert, wird von der Internationalen Meeresschutzbehörde, einer Unterorganisation der UNO, geregelt. Sie hat insgesamt rund 30 Explorations-Lizenzen vergeben – zwei davon an Deutschland.

Wie relevant ist der Tiefseebergbau für die deutsche Wirtschaft?

In Arbeitsplätzen kann man es noch nicht ausdrücken, aber es entsteht eine komplett neue Branche. Vermutlich werden keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, aber es werden welche erhalten.

Könnte Bremen da irgendwie eine Rolle spielen?

Ja, klar. Bremen ist ein Wissenschaftsstandort mit Expertise in der Meerestechnologie. Schiffe müssen gebaut werden, die Transportwege zwischen Schiff und Meeresboden entwickelt werden. Es betrifft Bereiche von der Robotik bis zum Maschinenanlagebau.

Sie haben nun eine ökonomisch-geografische Untersuchung zum Tiefseebergbau gemacht. Was kam heraus?

Wir haben 550 Akteure befragt, die mit dem Thema zu tun haben, wie sie den Tiefseebergbau ökonomisch, ökologisch und sozial einschätzen: Wirtschaftsunternehmen, Verbände, NGOS, Behördenvertreter …

Colloquium „Innovationscluster Tiefseebergbau: eine explorative Studie“, 16 Uhr, FVG Raum W0060

und?

Es gibt zwei Ziele, die in Deutschland mit dem Tiefseebergbau verbunden werden: die Verringerung der Rohstoffabhängigkeit, etwa bei Mangan, Cobalt und Seltenen Erden. Und zum anderen die Technologieentwicklung. Die Mehrzahl der beteiligten Akteure hält letzteres Ziel für Deutschland für wichtiger.

Und was sagen die Umweltverbände?

Die sind prinzipiell gegen den Tiefseebergbau, weil sie ungeahnte ökologische Folgen befürchten, die man noch nicht erforscht hat.