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: Die Euphorie ist längst verflogen

Die Füchse plagt eine Serie von Verletzungen. Lücken müssen Nachwuchsspieler füllen

Von Nicolas Sowa

Fast schon so etwas wie Euphorie herrschte bei den Handballern der Füchse Berlin vor dem Saisonstart. Vom möglicherweise besten Kader in der Vereinsgeschichte war die Rede. Nachdem in der Vorsaison der EHF-Pokal – entspricht der Europa League im Fußball – gewonnen wurde und man als Tabellendritter sogar Meisterschaftschancen hatte, träumte man in Berlin schon von der Champions League. Doch im Herbst ist diese Euphorie längst verflogen und einer gewissen Verzweiflung gewichen. Denn die Füchse plagt seitdem eine Serie von Verletzungen. Teilweise fehlten neun Stammkräfte – und im Handball stehen insgesamt nur sieben Spieler auf dem Feld. „So etwas habe ich in meiner gesamten Laufbahn noch nicht erlebt“, sagt Trainer Velimir Petkovic.

Vor allem den Königsteil eines Handball-Teams, den Rückraum, hatte es schwer erwischt. Spielmacher Simon Ernst (Kreuzband­riss) und die beiden Kroaten Stipe Mandalinic (ebenfalls Kreuzbandriss) und Marko Kopljar (Achillessehnenriss) absolvierten in dieser Saison noch gar kein Pflichtspiel. Und zuletzt füllte sich das Lazarett immer weiter. Die Ausfälle der beiden deutschen Nationalspieler Fabian Wiede (Innenbandverletzung), Paul Drux (Sprunggelenks-OP) und des schwedischen Auswahlspielers Mattias Zachrisson (Bänderriss) wogen besonders schwer. Die Misere hat auch Manager Bob Hanning nachdenklich gemacht. „Wir werden uns im Januar mit dem Ärzte- und Trainerteam zusammensetzen und die Situation analysieren. Wir werden uns fragen, was wir besser machen können. Nicht darüber zu reden wäre falsch“, kündigt er an.

Qualität geht verloren

Die entstandenen Lücken mussten Nachwuchsspieler füllen. Dadurch ging zwar Qualität verloren, aber ohne ihre gute Jugendarbeit hätten die Füchse in dieser Saison große Probleme bekommen, überhaupt eine Mannschaft vollzubekommen. Mit dem 20-jährigen Fredrik Simak rückte dabei ein Rückraumspieler gleich komplett zu den Profis auf. Zuletzt half mit Torben Matzken sogar ein A-Jugendlicher aus. Allerdings kann sich Hanning, eigentlich großer Förderer des Nachwuchses und selbst A-Jungend-Trainer, darüber nicht so recht freuen.

Mit dieser Notbesetzung war zuletzt jedes Spiel ein Kraftakt. Im Pokal, im EHF-Pokal und in der Liga sind die Berliner noch im Rennen. „Noch haben wir also die Chance, im Frühling doch eine erfolgreiche Saison zu bekommen“, meint Petkovic. Für Kapitän Hans Lindberg ist das vor allem ein Verdienst des Teamgeistes. „Wir geben als Mannschaft nie auf und glauben immer daran. Das ist eine der Formeln, auch in scheinbar ausweglosen Situationen zurückzukommen“, glaubt der Däne.

Diese Mentalität habe sich in den letzten beiden Jahren entwickelt. Und dennoch setzte es für das Rumpfteam in den letzten Wochen bittere Niederlagen. Von der Champions League träumt deshalb keiner mehr. Dennoch bleibt Europa das Ziel. „Bis Ende Dezember dürfen wir deshalb kein Spiel mehr verlieren“, fordert Hanning. Ein Sieg am Sonntag im Heimspiel gegen den Bergischen HC (16 Uhr) ist deshalb absolute Pflicht. Man hofft zudem langsam auf eine Entspannung der Personalsituation. In kommenden Wochen sollen Drux und Zachrisson zurückehren. Seit zwei Spielen ist auch Fabian Wiede wieder dabei. „Jetzt muss ich nur schnell wieder zu meiner alten Leistung zurückfinden“, sagt er. Denn der 24-Jährige hofft neben Torhüter Silvio Heinevetter und Paul Drux noch auf ein WM-Ticket im deutschen Team.

WM in Dänemark und Deutschland

Die Weltmeisterschaft findet im Januar in Dänemark und Deutschland statt. Alle fünf Vorrundenspiele bestreitet die deutsche Mannschaft in Berlin. „Das wird noch einmal eine Welle der Begeisterung auslösen“, hofft Hanning. Die Vorfreude ist groß: „Das ist etwas Besonderes, in Berlin zu spielen. Wir freuen uns extrem darauf“, so Wiede.

Dieses Ereignis wirft seine Schatten voraus. „Du wirst schon an allen Ecken darauf angesprochen auf das, was kommt“, freut sich Hanning. Im Handball erhofft man sich von der WM mehr Aufmerksamkeit in der Republik und einen weiteren Schub für die Sportart. Und die Füchse auf mehr Talente. Doch daran mangelt es den Berlinern ja schon jetzt nicht.