Mexiko und der „Drogenkrieg“: 150.000 Opfer und ein „weiter so“

Die USA halten daran fest, ihr eigenes Drogenproblem durch ein militärisches Vorgehen in Mexiko lösen zu wollen. Die Folgen sind fatal.

Bewaffnete Soldaten marschieren in einer Reihe an einem Baum vorbei

Soldaten bei einer Razzia gegen ein Metamphetamin-Labor in Tecate, Mexiko Foto: reuters

OAXACA taz | Der erste Angriff findet bereits Mitte der 1970er-Jahre statt: Ausgestattet mit US- Hubschraubern und Kleinflugzeugen sowie großen Mengen Entlaubungsmitteln vernichten mexikanische Soldaten zahlreiche Cannabis- und Schlafmohnfelder im „Goldenen Dreieck“ – einer Region im Norden Mexikos, die bis heute zu den wichtigsten Drogenanbaugebieten des Landes zählt.

Diese „Operation Condor“ ist die erste gemeinsame militärische Aktion der USA und ihres südlichen Nachbarns, um gegen die Herstellung von Heroin und Marihuana vorzugehen. Der Erfolg ist fragwürdig: Es trifft vor allem Kleinbauern, die ihrer Lebensgrundlage beraubt werden.

Die Banden organisieren sich neu, es entstehen jene konkurrierenden Organisationen, die sich zum Teil bis heute blutige Schlachten liefern. Das Goldene Dreieck bleibt ein Rückzugspunkt der Kriminellen, auch „El Chapo“ Guzmán und sein Sinaloa-Kartell sind in der Region groß geworden.

Dennoch halten alle US-Regierungen unentwegt an der Strategie des „War on Drugs“ fest: Sie wollen ihr Drogenproblem – den massiven Konsum von Kokain, Heroin, Methamphetamin und anderen Rauschgiften – durch militärisches Vorgehen im Nachbarland in den Griff bekommen.

„Größte kriminelle Bedrohung für die Vereinigten Staaten“

So steht Washington zur Seite, als der damalige mexikanische Staatschef Felipe Calderón 2006 die Armee gegen die Mafia mobilisiert. Zur Unterstützung ruft US-Präsident George W. Bush die „Merida-Initiative“ ins Leben, in deren Rahmen seit 2007 mehrere Milliarden US-Dollar für Ausbildungsmaßnahmen und Ausrüstung über den Rio Bravo gegangen sind.

Wieder ist das Ergebnis katastrophal: Seit Beginn der Mobilisierung sind dem Drogenkrieg bis jetzt 150.000 Menschen zum Opfer gefallen, 37.000 Personen sind verschwunden. Viele von ihnen hatten nichts mit den kriminellen Geschäften zu tun. Der Konsum von Drogen in den USA sowie der Anbau, Transport und Schmuggel in Mexiko haben indes weiterhin zugenommen. Und die mexikanischen Kartelle konnten sich auf dem internationalen Markt noch stärker positionieren.

In einem am 2. November veröffentlichten Bericht bezeichnet die US-Antidrogenbehörde DEA die Verbrechersyndikate aus Mexiko als die größte kriminelle Bedrohung für die Vereinigten Staaten. „Es gibt keine andere Organisation, die fähig wäre, sie herauszufordern“, schreiben sie. 91 Prozent des Heroins, das in den USA konsumiert wird, stammt demnach aus dem Nachbarland. Auch ein großer Teil der anderen Drogen kommt von dort. In Mexiko ist letztes Jahr 38 Prozent mehr Schlafmohn angebaut worden als 2016, die Kokainherstellung ist um 37 Prozent gestiegen.

Trotz der Verhaftung Guzmáns und interner Streitigkeiten, so die DEA, sei das Sinaloa-Kartell weiterhin der Hauptlieferant von Heroin, Kokain, Methamphetamin, Marihuana und Fentanyl. Neben „El Chapo“ sitzen auch zahlreiche weitere Mafiabosse in US-Gefängnissen. Einige von ihnen gehören gegnerischen Kartellen an und werden gegen den Sinaloa-Chef aussagen.

Wen die Mexikaner den US-Behörden übergeben, hängt nicht zuletzt von politischen Interessen ab. Guzmán etwa wurde einen Tag vor dem Amtsantritt des US-Präsidenten Donald Trump übergeben.

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