Ein bisschen Lego spielen

Mit einem Ideenwettbewerb für Anwohner will der Senat einer Bürger-Ini den Wind aus den Segeln nehmen, die gegen die Bebauung der Rennbahn ist. Das klappt erstaunlich gut

Viel Platz zum Spielen: das Gelände der ehemaligen Galopprennbahn Foto: Bremer Rennverein

Von Klaus Wolschner

„Die Grünen führen das Bauressort seit elf Jahren“, hat der Bürgerschaftsabgeordnete und grüne Bau-Experte Robert Bücking jüngst in einem Strategiepapier festgestellt. Es sei vieles erreicht worden – „und trotzdem verlieren wir rund um die Projekte der Innenentwicklung an Unterstützung in der Stadtgesellschaft“.

Was läuft falsch? Was könnte besser laufen? Am Hulsberg geht es nicht voran, in der Überseestadt gibt es Infrastruktur-Probleme – haben die Grünen vorzeigbare Ideen für öffentliche Bauvorhaben? Die Lösung der Probleme „können wir nicht an die Verwaltung abgeben“, schreibt Bücking: „Politik müssen wir schon selber machen und das heißt, wir müssen begründen, was wir entscheiden.“ Man müsse überzeugen.

Am Mittwochabend war auf einer Bürgerversammlung zur Bebauung der Rennbahn zwischen Vahr und Hemelingen Gelegenheit zu testen, was das bedeuten kann. Eigentlich ist das Rennbahn-Projekt ein Gewinn für die Stadt – wo lange Jahre ein hochsubventioniertes Vergnügen eine riesige Fläche blockiert hat, sollen nun dringend benötigte Wohnungen entstehen sowie Freizeitangebote und offene Grünflächen. Und jede Wohnung, die dort entsteht, bedeutet weniger bebaute Natur und Verkehrsadern am Stadtrand – eigentlich eine ur-grüne Angelegenheit.

Und doch hat sich eine Bürgerinitiative dagegen gebildet, die mit 4.000 Unterschriften die erste Hürde für einen Volksentscheid genommen hat. „Warum schlägt der Politik so massive Skepsis entgegen?“, fragt Bücking. Man müsse die Vorteile von großen Projekten für die Bewohner der betroffenen Stadtteile vermitteln und „Allianzen für die Entwicklung der Stadt“ bilden.

Zu der Bürgerversammlung am Mittwoch hatten Bau- und Wirtschaftsressort eingeladen. Es waren Stadtentwickler, Behördenvertreter und etwa 50 interessierte Bürger gekommen. Und die durften an mehreren Tischen an einem Plan des Rennbahn-Geländes basteln und Lego spielen: Wer eine bestimmte Stelle zu einer Wasserfläche machen wollte, musste einen blauen Papierstreifen draufkleben. Auch runde Zettel mit der Aufschrift „Café“, „Sport“, „Kultur“ konnte man nach Belieben verteilen. Harte Vorgaben hatte die Stadtbaudirektorin Iris Reuter nicht formuliert.

Die Teilnehmer des Ideenwettbewerbs hatten das Gefühl, ernst genommen zu werden

Selbst die Vertreter der Bürgerinitiative, die grundsätzlich gegen die städtische Nutzung dieser 30 Hektar großen Fläche sind, teilten ihre Vorstellungen und spielten schließlich mit. Die Wünsche glichen sich dabei: Wege am Wasserlauf, Wohnen am Wasser, ruhige Uferzonen mit Naturschutz, Planschbecken für Kinder und weitgehend autofreie Siedlungen. Und preisgünstig soll es natürlich werden, Angebote für Familien und Auszubildende sollen auch dabei sein. Und es sollen einen zen­tralen Platz als identitätsstiftenden Ort geben, an dem man sich auch abends gern mal aufhält.

Die 50 Teilnehmer des Ideen­wettbewerbs jedenfalls hatten nach zwei Stunden das Gefühl, ernst genommen worden zu sein. In der harten Realität werden im kommenden Jahr natürlich Architekten um fachkundige Entwürfe gebeten. Und dann kommt die spannende Frage, wie viele Wohnungen denn da entstehen sollen und wie dicht die Bebauung sein muss, um andere Grünflächen schonen zu können.

Von deren Entwürfen hängt es ab, ob die restlichen 70.000 Bewohner der benachbarten Stadtteile Hemelingen und Vahr, die nicht zu der Bürgerversammlung gekommen waren, die Stadtplanung als Angebot für ihre Lebensqualität in der Stadt wahrnehmen und akzeptieren können.