Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft: Ökos lassen die Sau raus

Im Jahr 2030 ist die Agrarwende vollzogen? Eine höchst ungewöhnliche Jahrestagung des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft.

Scheinehälften in einer Schlachterei

Gibt es 2030 laut BÖLW nicht mehr so oft: Fleisch Foto: dpa

BERLIN taz | Haustiere werden bundesweit artgerecht gehalten, „Bio“ breitet sich aus, Insekten summen wieder. So berichteten es drei kompetente Zeitreisende nach ihrer Rückkehr aus dem Jahr 2030. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) ließ bei seiner Jahrestagung am Mittwochabend in Berlin eine Zukunftsreise stattfinden. Titel: „Wie Deutschland die Sau raus ließ, Bienen zurückbrachte und warum die Menschen jetzt gesund essen.“

Harald Grethe, Agrar-Dekan an der Humboldt-Universität Berlin und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesagrarministeriums, berichtete von einer vielfältigen Agrarlandschaft, die er 2030 gesehen habe.

Stoffkreisläufe seien geschlossen, Tiere hätten viel mehr Flächen und Auslauf, EU-Subventionen würden für Ökodienstleistungen bezahlt. Da er aber als Zeitreisender noch an einem „Jetlag“ leide, hatte der Professor den Namen der Partei „vergessen“, die die Wende eingeleitet hatte.

Bei einer Diskussion mit Bundestagsabgeordneten, die noch in den Problemen von 2018 zappelten, konnte Albert Stegemann (CDU) dem nicht viel abgewinnen. Rainer Spiering (SPD), Kirsten Tackmann (Linke) und Friedrich Ostendorff (Grüne) hingegen freuten sich. Die Wende sei das Verdienst von Bundeskanzlerin Annalena Baerbock im Verbund mit ihrem Umweltminister Robert Habeck, verkündigte der Grüne gar. Er bekannte aber auch: Die Reduktion des Fleischkonsums erfordere eine „Debatte unter uns Männern“. Er gehe anschließend zur Jahresversammlung der bekennenden Wurstesser, die zu 95 Prozent aus Männern bestünden.

Seit 2027 nehmen die Insekten wieder zu

So launig ging es weiter. Peter Feindt, ebenfalls Berliner Agrarprofessor und ebenfalls im Wissenschaftlichen Beirat, erzählte als Zeitreisender von einer „Trendumkehr“ im Jahre 2027: Seitdem nähmen die Insekten wieder zu.

23 Prozent der Höfe wirtschafteten „bio“, 50 Prozent der Agrarfläche sei in einem Programm für Landschaftsvielfalt, Totalherbizide seien verboten. Die Wende sei durch den Brexit entstanden, der zu einer EU-Haushaltskrise geführt habe. Daraufhin sei die EU-Agrarpolitik auf den Prüfstand gestellt worden, zumal eine OECD-Studie schon im Jahr 2017 ergebe habe, dass die EU-Direktzahlungen vor allem die Bodenpreise in die Höhe trieben.

Die dritte Zukunftsreisende war Henrieke Rieken vom Berliner Ernährungsrat. Sie berichtete, dass die Menschen sich 2030 gesund, lecker, regional und fleischreduziert ernähren würden. Hier war sich die rein weibliche Parlamentarinnen-Runde – Katharina Landgraf (CDU), Ursula Schulte (SPD), Kerstin Tackmann (Linke) und Renate Künast (Grüne) – erstaunlich einig, dass das erstrebenswert sei. „Ich als Frau gehe da mit“, sagte Landgraf. Aber ihre Söhne und Enkelsöhne, nein, die wären mit der Fleischreduktion wohl nicht einverstanden.

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