heute in hamburg
: „Aber irgendwo muss ein Endlager hin“

Foto: privat.

Konrad Ott, 59, unterrichtet „Philosophie und Ethik der Umwelt“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und war Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU).

Interview Frieda Ahrens

taz: Herr Ott, Sie waren bei der Forschungsplattform Entria – was ist das genau?

Konrad Ott: Das war ein Forschungsprojekt. Wir haben uns drei Optionen für Endlagerstätten von hochradioaktiven Reststoffen ausgeschaut: Ein wartungsfreies Tiefenlager, ein Tiefenlager mit Rückholbarkeit und eins mit Oberflächenlagerung.

Was muss man bei der Suche bedenken?

Die beiden normativen Säulen dieser Debatte sind Sicherheit und Gerechtigkeit. Es steht völlig außer Frage, dass wir die größtmögliche Sicherheit erreichen müssen. Bei der Gerechtigkeit vermitteln sich drei Dimensionen. Einmal die prozedurale Gerechtigkeit, da geht es um die Fairness des gesamten Verfahrens. Dann die Verteilungsgerechtigkeit, denn es handelt sich ja letztlich um die Allokation hochgradig negativen Gutes. Keiner möchte dieses negative Gut haben, aber wir sollten diese Güter auf vielen Schultern verteilen.

Also viele Lager?

Genau das macht bei hochradioaktiven Reststoffen keinen Sinn. Deswegen müssen wir dieses negative Gut in komprimierter Form an einen Platz bringen, vielleicht an zwei, aber nicht an viel mehr. Das ist so eine Art Schwarzer-Peter-Spiel, keiner will es, aber irgendwo muss es hin. Es gibt noch eine dritte Dimension der Gerechtigkeit, die ausgleichende: Da geht es um die Frage: Kommen Freiwillige in Betracht? Oder müssen wir die Leute, die dieses negative Gut bekommen, entschädigen? Und was ist als Entschädigung angemessen?

Was wurde bisher falsch gemacht?

Vortrag: Wissen und Entscheidung: Zur Endlagerung radioaktiver Reststoffe: 19 Uhr, Hotel Baseler Hof, Esplanade 15, Eintritt frei, es wird um Anmeldung gebeten

Falsch gemacht wurde im ersten Suchlauf natürlich diese Festlegung auf nur einen Standort. Aber das ist Geschichte. Nach dem Ausstiegsbeschluss sollte ein zweiter Suchlauf starten, allerdings unter Bedingungen zerstörten Vertrauens.

Wie lange wird es noch dauern bis endgültige Endlager gefunden werden?

Man möchte 2031 eine Standortfestlegung haben. Ich halte das für sehr sportlich. Wenn ein Standort dann wirklich sicher ist, dann muss das Ding ja auch noch gebaut werden. Dann muss angefangen werden, die Stoffe tatsächlich einzulagern, dann kann man überlegen: Was macht man Richtung Verschluss? Ich habe schon Zeitstrukturabläufe gesehen, bei denen wir bis zum Verschluss im nächsten Jahrhundert sind. Wenn Sie mich als Privatperson fragen: Man hätte diese Stoffe niemals erzeugen dürfen.