Volle Kassen, dunkler Himmel

Hamburg geht das Geld bald aus, warnt Finanzsenator Dressel. Einnahmen wachsen langsamer. Und die Nordbank wird teuer

Kein Licht am Horizont“: Finanzsenators böse Ahnungen Foto: Ulrich Perrey/dpa

Von Sven-Michael Veit

Düster blickt Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) in die Zukunft. „Dunkle Wolken am Horizont“ zögen auf, die globale Lage sei „von Unsicherheiten geprägt“, selbst „Sorgenfalten, die größer werden“ befürchtet er auf seiner eigenen Stirn. Denn die Kassen in Hamburg klingeln nicht mehr wie gewohnt, die Steuereinnahmen sprudeln nicht mehr, sie tröpfeln höchstens noch. Und deshalb macht Dressel, was jeder wackere Stadtkämmerer in solcher Lage machen würde: Er warnt davor, Geld auszugeben. „Insbesondere für weitere Ausgabenwünsche gibt es weder Raum noch Anlass“, stellt er am Dienstag im Rathaus klar.

Denn die aktuelle Steuerschätzung, die er auf der Landespressekonferenz präsentierte, sieht für die nächsten fünf Jahre nicht nur „einen abflachenden Zuwachs“ vor, also nur noch mäßig zunehmende Steuereinnahmen, sondern für das kommende Jahr sogar ein reales Minus: 2019 wird die Hansestadt 159 Millionen Euro weniger an Steuern kassieren als in diesem Jahr, lautet die Prognose des bundesweiten Arbeitskreises Steuerschätzung (siehe Kasten), der kürzlich in Hamburg getagt hatte.

Nach dieser „Delle“, so Dressel, würden die Einnahmen wieder höher ausfallen, aber mit deutlich geringeren Zuwächsen. Für 2018 sagt die November-Schätzung eine gute Milliarde Euro mehr vorher als nach dem langfristigen Steuertrend, dem Durchschnitt der tatsächlichen Einnahmen der vergangenen Jahre, zu erwarten war. Danach aber sinken die Mehreinnahmen auf weniger als die Hälfte. „2018 ist ein herausragendes Jahr“, sagt Dressel, „aber danach gibt es keinen Grund für Euphorie.“

Und das liege vor allem an den internationalen Unwägbarkeiten. Der Brexit, das andauernde Exportembargo gegen Russland, die US-Sanktionen gegen den Iran und überhaupt die Handelsbeschränkungen und Einfuhrzölle der Trump-Administration in Washington, all das berge „hohe Risiken für eine Hafen- und Handelsstadt wie Hamburg“, warnt der Finanzsenator. Die fetten Jahre, so seine Botschaft, die er eine ganze Stunde lang wortreich durchdekliniert, seien vorbei.

Hamburg erwartet bis 2023 folgende Steuereinnahmen (in Milliarden Euro):

2018: 12,397

2019: 12,238

2020: 12,845

2021: 13,276

2022: 13,677

2023: 14,084

Damit gäbe es im nächsten Jahr einen realen Mindereingang, in der Summe bis 2023 aber eine Steigerung um etwa 1,1 Milliarden Euro.

Zumal es auch zwei hausgemachte Probleme gebe. In den neugestalteten Länderfinanzausgleich muss Hamburg ab 2020 etwa 400 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr einzahlen. Und dann sind da noch die Milliardengarantien für die HSH Nordbank, für die Hamburg zusammen mit Schleswig-Holstein geradestehen muss. Noch im laufenden Jahr werden 2,95 Milliarden Euro fällig – neue Schulden, für die jahrelang Zinsen zu zahlen sein werden. Deshalb werde er weiterhin „defensiv und vorsichtig“ rechnen, sagt Dressel, und im Übrigen darauf hoffen, dass alles rosiger werde als befürchtet.

Darauf will die oppositionelle CDU nicht setzen. Die Zahlen zeigten, „dass der Haushaltsspielraum begrenzt ist“, sagt der haushaltspolitische Sprecher Thilo Kleibauer. Deshalb erwarte er von Dressel „nun deutlich mehr Ehrgeiz bei der Schuldentilgung“, damit der Haushalt „auch bei einer konjunkturellen Abschwächung krisenfest“ bleibe. Genau das Gegenteil kritisiert die Linke. Der Linken-Finanzpolitiker Norbert Hackbusch warf dem rot-grünen Senat vor, im Kernhaushalt vor allem im Sozialbereich zu kürzen, „obwohl die Steuereinnahmen sprudeln wie nie“.