Roma-Hetze zahlt sich aus

Bei der irischen Präsidentenwahl kommt der Rechtspopulist Peter Casey auf 23 Prozent der Stimmen

Aus Dublin Ralf Sotscheck

Die Iren haben sich in den vergangenen Jahrzehnten das Image einer progressiven, anständigen Nation erarbeitet. Die Streichung des Blasphemieparagrafen aus der Verfassung durch den Volksentscheid mit Zweidrittelmehrheit am Freitag sowie die Wiederwahl des 77-jährigen Staatschefs Michael D. Higgins, der sich als „demokratischen Sozialisten“ bezeichnet und in seinen Reden den Neoliberalismus anprangert, scheinen das zu bestätigen.

Aber fast ein Viertel der Wahlberechtigten haben Peter Casey ihre Stimme gegeben. Der 61-jährige Unternehmer aus dem nordirischen Derry hat sich im Wahlkampf abfällig über die 30.000 „Travellers“ geäußert – eine irische Minderheit, die der internationalen Vereinigung der Sinti und Roma angehört. Das seien „Leute, die auf dem Land anderer Menschen kampieren“. Sie zahlen keine Steuern, und wo immer sie sich aufhielten, sinken die Hauspreise, monierte Casey.

Casey wusste genau, was er mit seinen Äußerung anrichten würde, und sein Plan funktionierte. Lag er bei Meinungsumfragen zunächst abgeschlagen mit 2 Prozent auf dem sechsten und letzten Platz, so kletterte er dank seiner Tirade auf 23 Prozent.

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Travellers integraler Bestandteil des wirtschaftlichen Gefüges und zogen als Kesselflicker, Weber, Schneider, Pferdehändler, Musiker und Geschichtenerzähler durch das Land. Doch mit der Einführung landwirtschaftlicher Maschinen, Plastikwaren und Fertigtextilien waren ihre Dienste nicht mehr gefragt. Ihre Lebensbedingungen sind schlechter als die der ärmsten Schichten der sesshaften Bevölkerung, ihre Lebenserwartung liegt bei fünfzig Jahren. Zu vielen Kneipen, Restaurants, ­Supermärkten haben Travellers keinen Zutritt.

Casey hat ein Drittel seines Lebens in den USA verbracht, und dort hat er gelernt, dass Wahlkampf mit extremen Äußerungen und Lügen funktioniert. So behauptete er, Higgins gebe 10.000 Euro Steuergelder im Jahr für die Pflege seiner beiden Hunde aus.

Das Potenzial für Rechtspopulisten ist auch in Irland da, vor allem auf dem Land und unter der älteren Generation, das haben die Volksentscheide zur gleichgeschlechtlichen Ehe, zur Abtreibung und zur Blasphemie gezeigt. Bis zu einem Drittel der Irinnen und Iren ist unzufrieden mit den liberalen Veränderungen auf der Insel.

Casey sagte am Samstag, dass er in sieben Jahren erneut für das Präsidentenamt kandidieren werde – es sei den, er werde bis dahin zum Premier gewählt. Diese Drohung ist ernst zu nehmen.