Jannis Papadimitriou über Tsipras’Dilemma im Mazedonien-Konflikt
: Kotau vor den Rechtspopulisten

In der Athener Politik gibt es kaum etwas, was es nicht gibt: Die Freunde von gestern sind oft die Feinde von morgen, einstige Rechtsradikale werden zu Wahlkampfzwecken domestiziert, Rechtspopulisten paktieren mit Linken, Fußballstars mutieren zu Volksvertretern. Nach dem Abkommen zur Beilegung des Mazedonien-Streits, das Linkspremier Alexis Tsipras als „historisch“ und nicht zuletzt als seinen eigenen Erfolg betrachtet, erleben die Griechen nun eine weitere Sensation: Ausgerechnet ein linksgerichteter Außenminister, der wie kein zweiter für das Abkommen kämpft, räumt seinen Posten, während der rechtspopulistische Verteidigungsminister, der immer wieder Frontalopposition gegen Tsipras betreibt, am Kabinettstisch weiterhin Platz nimmt.

Macht das Sinn? Aus machtpolitischer Sicht durchaus: Ein linker Minister ist leichter zu ersetzen als ein rechter Mehrheitsbeschaffer. Das weiß Verteidigungsminister Kammenos natürlich auch und er benimmt sich entsprechend. Besonders gern avanciert er zum Nebenaußenminister und erklärt dann, er wolle gegen den Mazedonien-Kompromiss stimmen, wenn dieser dem Parlament vorgelegt werde. Dabei liegt die Betonung eindeutig auf „wenn“. Bis dahin können nämlich mehrere Monate vergehen und vielleicht ist die Mazedonien-Geschichte bis dahin vergessen oder es wird Zeit für Wahlkampf und die Regierungspolitiker in Athen haben dann ganz andere Sorgen. Die griechischen Wähler müssen sehen, wie sie mit so viel nüchternem Zynismus umgehen.

Allein mit Machtpolitik gewinnt man allerdings keine Mehrheiten. 2015 konnte Alexis Tsipras gleich zwei Mal eine richtungsweisende Parlamentswahl für sich entscheiden, weil die Griechen seinem Versprechen trauten, eine echte Alternative zur hemmungslosen Sparpolitik seiner Vorgänger zu liefern. Dieses Versprechen konnte ­Tsip­ras bislang nicht einhalten. Ein Streit zwischen den Schwergewichten seiner Regierung macht die Sache nicht besser. Ein Kotau vor dem rechtspopulistischen Regierungspartner macht alles noch viel schlimmer.

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