Keine Gnade für Fujimori

Perus Oberstes Gericht hebt die Begnadigung des Expräsidenten auf. Der 80-Jährige muss wieder ins Gefängnis. Anwalt will Haftverschonung

Die Begnadigung war nicht humanitär, sondern politisch begründet, urteilt das Gericht

Von Bernd Pickert

Ein Dreivierteljahr nach seiner Freilassung muss Perus ehemaliger Präsident Alberto Fujimori wieder ins Gefängnis. Am Mittwoch urteilte der Oberste Gerichtshof, die Ende letzten Jahres vom damaligen Präsidenten Pedro Pablo Kuzcynski ausgesprochene Amnestie für Fujimori sei rechtswidrig gewesen. Gleichzeitig wurde ein Haftbefehl ausgestellt. Nur Stunden später gab es die Meldung, der 80-Jährige sei aufgrund einer Herzattacke in ein Krankenhaus der Hauptstadt Lima verbracht worden.

Fujimori, Präsident von 1990 bis 2000, war 2009 wegen schwerer Menschenrechtsvergehen zu 25 Jahren Haft verurteilt worden. Er war schuldig gesprochen worden, für die Massaker im Hauptstadtviertel Barrios Altos 1991 und in der Universität Cantuta 1992 die Verantwortung zu tragen. Bewaffnete, die später als Todesschwadrone der Armee identifiziert wurden, hatten dabei insgesamt 25 Menschen erschossen und etliche weitere verletzt. Auch für die Ent­führung eines Journalisten und eines Unternehmers 1992 wurde Fujimori schuldig gesprochen. Das Verfahren war eines der aufsehenerregendsten Menschenrechtsverfahren in Lateinamerika überhaupt. 2032 hätte Fujimori seine Strafe abgesessen.

Ende 2017 allerdings verkündete der amtierende Präsident Pedro Pablo Kuczynski, von allen kurz PPK genannt, Fujimori aus humanitären Gründen zu begnadigen. Der Expräsident wurde freigelassen und durfte nach Hause gehen.

Opferverbände und Regierungskritiker sahen in dem Schritt allerdings weniger humanitäre als vielmehr politische Gründe: Nur wenige Tage zuvor hatte PPK ein Amtsenthebungsverfahren im Parlament wegen Korruptionsvorwürfen überstanden, weil Fujimoris Sohn Kenji und neun weitere oppositionelle Abgeordnete überraschend nicht dafür gestimmt hatten. Fujimoris Tochter Keiku, die PPK bei den Wahlen 2016 nur um wenige Stimmen unterlegen war, hatte das Verfahren angestrengt. Die Vermutung, dass Fujimoris Freilassung de facto die Bezahlung für PPKs Verbleib im Amt war, lag auf der Hand. Wochenlang gingen in vielen Städten Perus Zehntausende auf die Straße, um gegen Fujimoris Freilassung zu protestiere

Wenige Monate später musste PPK denn doch zurücktreten, weil die Beweise, dass auch er in einer früheren Regierungsfunktion kräftig an Bestechungs­geldern des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht mitverdient hatte, zu erdrückend wurden.

Die Entscheidung des Obersten Gerichts, Fujimoris Amnestie wieder aufzuheben, stieß bei Menschenrechtsorganisationen auf große Zustimmung. Das Gericht argumentierte in seiner Begründung, die Verbrechen, aufgrund derer Fujimori verurteilt worden war, stellten Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar und seien insofern gemäß dem internationalen Völkerstrafrecht von Begnadigungen ausgeschlossen. Die Richter beriefen sich dabei auf Urteile des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofes. Den hatten auch peruanische Opferverbände angerufen, um gegen Fujimoris Begnadigung vorzugehen.

Der Oberste Gerichtshof stellt sogar in seinem Urteil fest, dass die Stimmen Kenji Fujimoris und seiner Mitstreiter im Parlament gegen die Amtsenthebung PPKs eindeutig dazu gedacht waren, die Freilassung des inhaftierten Vaters zu erreichen.

Fujimoris Anwalt versucht jetzt, die Inhaftierung seines Mandanten aus gesundheitlichen Gründen zu verhindern. Wenn Fujimori noch einmal in eine Haftanstalt eingewiesen würde, argumentierte Miguel Pérez Arroyo in seinem Antrag auf Haftverschonung, bestünde das akute Risiko eines plötzlichen Herztodes.