Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Keine Telefondaten für die Ukraine

Die Ukraine bekommt keine Mobiltelefondaten der Investigativjournalistin Natalia Sedletska. Diese war zuvor in zwei Prozessen unterlegen.

Juri Luzenko, Generalstaatsanwalt der Ukraine, bei einer Pressekonferenz

Generalstaatsanwalt Luzenko hat die Forderung der Daten zu verantworten Foto: dpa

KIEW taz | In einer Eilentscheidung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg am Dienstag den ukrainischen Behörden untersagt, sensible Daten über die landesweit bekannte Investigativjournalistin Natalia Sedletska bei deren Mobiltelefonprovider abzufragen. Damit verhindert das Straßburger Gericht die von der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft geforderte Herausgabe von Verbindungs- und Bewegungsdaten des Mobiltelefons. Als Mitunterzeichnerin der Europäischen Menschenrechtskonvention, über deren Einhaltung der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte wacht, ist das Urteil aus Straßburg für die Ukraine verbindlich.

Am 27. August hatte ein Kiewer Gericht verfügt, dass der Provider der Generalstaatsanwaltschaft die Daten von Sedletska in einem Zeitraum von 17 Monaten 2016 und 2017 zur Verfügung stellen muss. Dieses Urteil war am 18. September in leicht abgeschwächter Form von einem Berufungsgericht bestätigt worden.

Hintergrund der Begehrlichkeit der Generalstaatsanwaltschaft an den Verbindungsdaten der Journalistin sind Ermittlungen gegen den Leiter des Nationalen Antikorruptionsbüros, Artem Sytnyk. Dieser wird verdächtigt, Journalisten Geheiminformationen aus Ermittlungsverfahren preisgegeben zu haben. Nur mit den Geodaten der Journalistin, so die Generalstaatsanwaltschaft, könne sie Ort und Zeitpunkt des entscheidenden Treffens herausfinden.

Sedletska, die für den vom Kongress der USA finanzierten Sender Radio Free Europe/Radio Liberty arbeitet, wo sie zu Korruption unter Spitzenbeamten recherchiert, war auch Ko-Autorin eines Berichts im Januar über einen Neujahrsurlaub der Präsidentenfamilie Poroschenko auf den Malediven, der 500.000 Dollar gekostet hatte.

Die Entscheidung aus Straßburg kommt für Generalstaatsanwalt Luzenko, der die Forderung der Daten zu verantworten hat, denkbar ungünstig. Nachdem die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft vor einer Woche den inguschetischen Oppositionellen Timur Timgojew an Russland ausgeliefert hatte, kam es zu gewalttätigen Protesten ukrainischer Nationalisten vor der Generalstaatsanwaltschaft. Nur mit Mühe hatte die Polizei den Sturm der Generalstaatsanwaltschaft verhindern können. Auch im Parlament werden nach der umstrittenen Abschiebung nach Russland die Rufe nach einem Rücktritt von Luzenko immer lauter.

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