Freihandelsabkommen Nafta: Kanada opfert Bauern für Trump-Deal

Die USA und Kanada haben sich über die Fortführung des Abkommens geeinigt. Die Kanadier machten jedoch große Kompromisse bei der Landwirtschaft.

Eine Frau im Kuhstall

Besonders der Milchmarkt muss sich stärker für Importe aus den USA öffnen Foto: reuters

VANCOUVER taz | Für Kanada stand bei den Neuverhandlungen des Freihandelspaktes Nafta viel auf dem Spiel – doch am Ende konnte die Regierung von Premierminister Justin Trudeau im Poker mit den USA wohl das Schlimmste verhindern: Ein offener Handelskrieg auf dem nordamerikanischen Kontinent ist abgewendet, die Grundzüge des bisherigen Vertrags mit den USA und Mexiko bleiben erhalten.

Trudeau sprach nach einer Kabinettssitzung Sonntagnacht in Ottawa von „einem guten Tag für Kanada“. Über ein Jahr lang hatte die Regierung verhandelt und trotz massiver Drohungen von US-Präsident Donald Trump mehrere Fristen verstreichen lassen. Das war riskant, denn Kanada wickelt mehr als zwei Drittel seines Außenhandels mit den USA ab.

Gezielte Zugeständnisse machte Kanada in Bereichen, die vor allem bei Trumps Wählern auf dem Land und im Industriegürtel der USA gut ankommen dürften: Zukünftig soll der Vertrag US-Mexiko-Kanada-Abkommen heißen – der von Trump als „schlechtester Deal aller Zeiten“ gegeißelte Nafta-Vertrag wird also ein neues Etikett bekommen.

Die größten Kompromisse machten die Kanadier bei der Landwirtschaft. So will Trudeau den abgeschotteten kanadischen Milchmarkt deutlich stärker für Importe aus den USA öffnen. Damit kommt er Trump in einem Punkt entgegen, den dieser immer wieder angeprangert hatte. Die vereinbarten höheren Quoten betreffen auch Milch-Vorprodukte, etwa für die Herstellung von Käse.

Hartnäckige Außenministerin

Ähnliche Kompromisse hatten die Kanadier zuletzt auch den Handelsabkommen mit der EU (Ceta) und den Ländern des pazifischen Wirtschaftsraums gemacht. Das auch in Kanada umstrittene Schutzsystem für die heimischen Milch- und Geflügelbauern wurde damit weiter aufgeweicht, allerdings wurde es nicht, wie von den USA ursprünglich gewünscht, völlig abgeschafft.

Ein Entgegenkommen der Kanadier gab auch bei den Regeln für die Autoindustrie. So sollen in Kanada hergestellte Autos künftig mehr Teile aus dem nordamerikanischen Wirtschaftsraum enthalten, damit sie zollfrei in die USA exportiert werden können. Im Gegenzug hat Trump offenbar zugesagt, Kanada von den mehrmals angedrohten Importzöllen zu verschonen.

Die Regierung in Ottawa setzteden Erhalt der Schiedsgerichte durch

Eine ähnliche Regel gilt zukünftig auch für Mexiko. Knapp die Hälfte aller gehandelten Autos sollen von Arbeitern produziert werden, die mindestens 16 Dollar pro Stunde verdienen. Damit will Trump die Hersteller in den USA halten, wo die Löhne wesentlich höher sind als in Mexiko.

Auf anderen Feldern konnten offenbar die Kanadier punkten, nicht zuletzt dank der Hartnäckigkeit von Außenministerin Chrystia Freeland. Gegen den Willen Trumps setzte sie den Erhalt der strittigen Schiedsgerichte durch, die im Falle von Handelsstreitigkeiten tätig werden. Damit will Kanada sicherstellen, als kleinerer Partner nicht von Trump an die Wand gedrängt zu werden.

Von zentraler Bedeutung in Kanada sind zudem die Regeln für geistiges Eigentum und für die heimische Kultur- und Fernsehbranche, die ebenfalls erhalten bleiben. In Kanada gilt eine Art Quotensystem etwa für Filme und Musik, mit dem verhindert werden soll, dass kanadische Produktionen von der mächtigen US-Film- und Kulturbranche verdrängt werden.

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