Jana Janika Bachschaut sich in Berlins Galerien um
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Zwischen Cape Town und Hollywood liegen Welten. Eine Distanz, die im Salon Berlin des Museums Frieder Burda zusammenschnurrt. Mit „TLDR“, einer 60-minütigen Filmprojektion, ruft die Künstlerin Candice Breitz einen der vergangenen Höhepunkte der #MeToo Debatte ins Gedächtnis: Ein elfköpfiger Chor tanzt und singt zu Tina Turner oder Roy Orbison, hält Banner mit Sprüchen wie „Not Your Pity Porn“ hoch und sich Pappmasken von Kate Winslet oder Meryl Streep vor die Gesichter, von Gesichtern eben jener Unterzeichnerinnen, die 2015 auf die Forderung Amnestys nach einer Legalisierung von Prostitution mit einem Protestbrief reagierten. In anderen Videos erzählen Sexarbeiter/Innen von ihrem Berufsalltag: „Wenn dein Herzschlag pocht, dann nimm den Klienten nicht an.“ Werke des Malers William N. Copley, berühmt für seine karikaturesken Wesen in erotischen Posen, komplementieren die Schau. Auch Copley wollte Prostituierte, die er beinahe manisch verehrte, vom Stigma der Pornographie befreien – und inszenierte sie doch als Lustobjekte (bis 5. 1., Auguststr. 11–13, Do.–Sa. 12–18.

Ebenfalls dezidiert politisch taucht „Household“ ab ins „dreckige“ Tagesgeschäft eines kriselnden Europas. Obwohl die Installation in der Galerie Lars Friedrich zunächst säuberlich rein anmutet: Verformtes Pappmaché, von weißen Holzwänden umgeben. Der Blick ist zu heben, unter der Decke klaffen frische Wunden. Für „open wound“ oder „deep cut“ fertigte Georgia Sagri Laserprints. Für ihre Skulpturen hingegen suchte die Künstlerin einstige Orte des Protests in ihrer Heimatstadt Athen auf. Dort nahm sie Abdrücke von Treppenstufen, einer Spüle oder einer aufgesprungenen Straße. Eine Topografie des Schreckens lässt sich daran kaum ablesen, die hat sich tiefer eingeritzt (bis 27. 10., Kantstr. 154a, Do.–Sa. 13–18).

In Umbruchphasen werde der Wunsch sich einzuigeln drängend, so eine Erklärung für den derzeit zu beobachtenden Rückzug vieler ins Private. Claudia und Julia Müller haben die Galerie Mehdi Chouakri in einen behaglichen Ort des Arbeitens und Wohnens verwandelt. Doch auf dem Sofa kann man nicht Platz nehmen, den Schreibtisch und die Bücher nicht nutzen. Das alles bildet nur eine Fototapete ab, die eine vergrößerte Aufnahme des Basler Ateliers der Schwestern ist. Eine Art Trompe-l`oeil-Effekt, der durch tatsächlich verteilte bunt glasierte Tongefäße und Leinwände verstärkt wird. Illusionismus als Ausflucht, der hier nicht der Verdrängung dient, sondern aufdeckt – nämlich die Kunst in ihrem Kontext (bis 31. 10., Fasanenstr. 61, Di 14–18, Di.–Sa. 11–18).