Speed-Dating mit Trump

Heute beginnt in New York die UN-Generalversammlung. Der US-Präsident nutzt sie wohl auch, um die öffentliche Aufmerksamkeit von innenpolitischer Unbill abzulenken

Trump gab den Plan auf, im Sicherheitsrat neue Sanktionen gegen Iran zu verabschieden

Von Andreas Zumach, Genf

Mit „Dates“ im landläufigen Sinne hat Donald Trump vielfältige Erfahrungen und auch nachträglichen Ärger. Die Schweigegeldzahlung an Pornodarstellerin Stormy Daniels könnte nach einem eventuellen Sieg der Demokraten bei den Kongresswahlen im November zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten führen. Auch um von diesen und anderen innenpolitischen Problemen abzulenken, hat Trump für diese Woche ein „Speed Dating“ in seiner Heimatstadt New York angekündigt: Anlässlich der am Dienstag beginnenden Generalversammlung der UNO will Trump mit zahlreichen Staats- und Regierungschefs zusammentreffen.

Beherrschendes Thema der nächsten Tage dürften die diversen Konfliktlagen im Nahen und Mittleren Osten sein. Zur Premiere eines Treffens zwischen Trump und seinem iranischen Amtskollegen Hassan Ruhani, über das in den letzten Wochen vielfach und mit Hoffnung auf eine Annäherung spekuliert wurde, dürfte es laut iranischen UNO-Diplomaten nach der Eskalation der letzten Tage allerdings „höchstwahrscheinlich nicht kommen“.

Bei einem Anschlag auf ein Militärparade im iranischen Ahwas waren am Samstag zwölf Mitglieder der Revolutionsgarden getötet worden. Die Führung in Teheran machte indirekt die USA für den Anschlag mitverantwortlich. Und der Vizechef der Revolutionsgarden, Hussein Salami, drohte Washington am Montag mit „vernichtender Vergeltung“.

Auch war der Führung in Teheran nicht entgangen, dass Washington auf der für Mittwoch anberaumten Sitzung des UNO-Sicherheitsrates unter Trumps Vorsitz eine Resolution mit weiteren Sanktionen gegen Iran verabschieden wollte. Nach Konsultationen mit Russland, China und anderen Ratsmitgliedern gab die Trump-Administration diese Absicht inzwischen auf.

Zu erwarten ist ein ähnliches Szenario wie im letzten Jahr: heftige Attacken Trumps und des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu gegen Iran in ihren Reden vor der Generalversammlung, und eine deutliche, wenn auch im Ton gemäßigtere Antwort Ruhanis. Netanjahu wird von Trump auch zu einem bilateralen Gespräch empfangen, nicht aber der ebenfalls angereiste Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas.

Südkoreas Präsident Moon Jae In will Trump bei einem Treffen über die konkreten Maßnahmen informieren, die Nordkorea von den USA erwartet im Gegenzug für die Einstellung von Pjöngjangs Atomwaffenprogramm. Diese Maßnahmen hatte der nordkoreanische Führer Kim Jong Un letzte Woche bei einem Gipfeltreffen mit Moon erläutert. US-Außenminister Michael Pompeo schloss am Sonntag allerdings eine Lockerung der Sanktionen gegen Nordkorea „vor einer vollständigen Entnuklearisierung“ des Landes aus.

Am Sonntag hatte der US-Präsident bereits seinen französischen Amtskollegen Emmanuel Macron und den japanischen Regierungschef Shinzo Abe im Trump Tower empfangen. Weitere Treffen sind unter anderem mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und der britischen Premierministerin Theresa May vorgesehen. Und am Montagnachmittag lud Trump die angereisten Staats-und Regierungschefs zu einem „Gipfeltreffen gegen Drogenmissbrauch und -handel“.

Die Handelsbeauftragten der USA und Kanadas wollen am Rande der Vollversammlung über die von Trump verlangten Korrekturen des nordamerikanischen Freihandelsvertrages Nafta verhandeln, denen der dritte Vertragsstaat Mexiko bereits zugestimmt hat.