taz🐾thema
: fairer handel

die verlagsseiten der taz

Am Hotspot exklusiver Urbohnen

Peru macht durch seltene Kakaosorten auf sich aufmerksam. Hier könnte die Wiege des Kakaos liegen. Diesen Schatz versuchen internationale Chocolatiers zu heben

Die klimapositive Schokolade bringt den Bauern das Sechsfache des Fairtradepreises

Von Knut Henkel

Chuncho, Malingas, Porcelana – so heißen einige der Kakaosorten Perus, auf die Luis Mendoza besonders stolz ist. „Es sind alte Sorten, die wiederentdeckt wurden und die dazu geführt haben, dass Peru als Standort für feinste Bohnen merklich an Renommee gewonnen hat“, so der Präsident der Vereinigung der Kakaoproduzenten Perus (Appcacao). Das macht sich alljährlich auch auf dem Salón del Cacao in Lima bemerkbar, der im Juli zum neunten Mal stattfand. Da trifft sich die Creme de la Creme der Kakaowelt: auf der einen Seite erfolgreiche Bauern mit ihren aromatischen Bohnen, auf der anderen Seite Chocolatiers aus Belgien, Italien, der Schweiz und auch Deutschland. Die sind in den letzten Jahren aufmerksam geworden auf aromatische Bohnen aus Peru, und das hat seinen Grund. In Peru sind rund sechzig Prozent der Kakaosorten heimisch, und etliche davon sind erst in den letzten Jahren wiederentdeckt worden – dazu haben internationale Unternehmen beigetragen.

Darunter auch „Original ­Beans“. Das Unternehmen mit Sitz in Amsterdam ist in der Region von Piura und Cusco mit zwei Kakaoprojekten aktiv und genießt in der Branche einen exzellenten Ruf, so Marleni Ramírez von Bioversity International. Die global agierende Organisation forscht zur Artenvielfalt in der Landwirtschaft und engagiert sich für den Erhalt und die nachhaltige Nahrungsmittelversorgung.

Dabei spielt auch der Kakao eine Rolle. „Wir denken gemeinsam mit den Produzenten darüber nach, einen Kakaopark anzulegen, um die Artenvielfalt Perus abzubilden und vor allem um sie zu erhalten“, so die Wissenschaftlerin. Dafür wirbt sie auf dem Salón del Cacao, der sich in den letzten Jahren zum Knotenpunkt der Branche entwickelt hat.

Eine Initiative, die Luis Mendoza ausgesprochen gut gefällt. Er bewirtschaftet mit einem Partner eine Kakaofarm in der Region Ucayali, in der Amazonasregion nahe der Stadt Pucallpa. Auf zehn Hektar bauen die beiden derzeit Kakao an, und Mendoza experimentiert mit mehreren Sorten. „Wir versuchen die Vielfalt zu nutzen, beobachten, welche Sorte sich am besten eignen für die Region und welche aromatischen Charakteristika sie ausbilden“, sagt der Mittvierziger Kakaobauer.

Sätze, die zeigen, dass in Peru kräftig dazugelernt wird. Seit 2007 nahe Piura der weiße Kakao entdeckt wurde, pilgern die Kakaokenner aus aller Welt in das lateinamerikanische Land. Es herrscht so etwas wie Goldgräberstimmung unter den Chocolatiers, denn nicht nur in den traditionellen Anbaugebieten, sondern auch darüber hinaus lassen sich alte Kakaobäume finden. Eine anerkannte Spürnase in der Branche ist Jan Marcel Schubert von „Original Beans“.

Der 27-Jährige reist zwischen neun und zehn Monaten im Jahr in Lateinamerika umher und baut die Kontakte zu Bauern, indigenen Gemeinden und Genossenschaften auf und ist dabei immer mal wieder auf besondere Bohnen gestoßen. Derzeit ist er mit Bauern der indigenen Ethnie der Arauca in der Region von Santa Marta in Kolumbien unterwegs und analysiert wilde, alte Kakaobäume in einer Wüstenregion.

Daraus könnte sich ein Projekt mit den Bauern entwickeln, um diese alten Sorte wiederzubeleben und eine neue seltene Bohne mit speziellen Charakteristika zu erhalten. Wenn das funktioniert, könnten die Bohnen irgendwann zu einer Single-Origin Schokolade von „Original Beans“ verarbeitet werden. Das in Amsterdam ansässige Unternehmen heftet sich seit 2008 an die Spur der seltensten Kakaosorten der Welt und wurde von Philipp Kauffmann gegründet. Der engagierte Naturschützer hat lange für den World Wide Fund For Nature (WWF) und für die Vereinten Nationen gearbeitet, bevor er 2008 Original ­Beans gründete.

„Wir definieren uns als nachhaltiges Unternehmen, sind so etwas wie die Weiterentwicklung eines Hilfsprojekts“, erklärt Jan Marcel Schubert. Das lässt sich auch überprüfen, denn auf der Homepage von Original Beans wird damit geworben, dass für jede Tafel Kakao ein Baum gepflanzt wird, und mit dem „Baum Tracker“ lässt sich das auch überprüfen. Klimaschutz, Erhalt der Artenvielfalt werden bei den Chocalatiers, die die Rohware in der Schweiz verarbeiten und sie in Amsterdam, dem größten Kakaohafen Europas, in Empfang nehmen, großgeschrieben. Auch das ist kein Marketing-Tool, sondern transparent. So bescheinigen unabhängige Expertenteams von CarbonRoots und Footprint4Food dem Unternehmen eine klimapositive Schokolade: Sie nützt dem Klima, bei der Produktion fallen weniger Emissionen an, als eingespart werden.

Davon profitieren auch die Bauern vor Ort, die Setzlinge für neue Bäume in der Amazonasregion und anderswo setzen und fair bezahlt werden. Nicht nach dem derzeit niedrigen Weltmarktpreis für die aromatischen Bohnen, sondern nach spezifischen Kriterien für ihre feine Ware. Sie erhalten rund das Sechsfache des Fairtradepreises. Ein Beispiel, das in Peru dazu beigetragen hat, dass die Bauern ihre Bohnen und ihre Bäume wertschätzen, sich engagieren und auf Geschmacksnuancen achten.

„Die sind vielfältig, denn Kakaoschoten nehmen die Aromen ihrer Umgebung auf“, erklärt Luis Mendoza und fährt fort: „Das hat zum Aufschwung der gesamten Kakaoproduktion in Peru beigetragen, aber auch zur Wertschätzung regionaler Besonderheiten wie dem Chuncho-Kakao aus Cusco oder dem weißen Kakao aus Piura“. In diesen beiden Regionen ist auch Original Beans aktiv. Aufforstungsprojekte mit Bauern laufen in der Region Las Lomas nahe der ecuadorianischen Grenze, und dort hat Jan Marcel Schubert dafür gesorgt, dass die besten zehn Kakaobäume ausgewählt wurden. „Daraus ziehen wir nun Setzlinge, um die Ernten zu steigern.“ Ein Konzept, das funktioniert und das den Bauern direkt zugutekommt, denn traditionell sind die Erträge in der trockenen Region nicht sonderlich hoch. Dafür ist der Geschmack der Bohnen außergewöhnlich: sehr fruchtig und mild.

Das trifft auch für die jüngste Sorte zu, die in der von Tälern durchzogenen bergigen Grenzregion von Jan Marcel Schubert entdeckt wurde: die Malingas. Sie ist die vorerst letzte Schokolade, die von Original Beans aus Peru vorgestellt wurde. Doch in den abgeschiedenen Tälern des Nordens könnte noch die eine oder andere Überraschung für Kakaospürnasen wie Schubert warten. Der ist auch in anderen Regionen des Landes unterwegs und pflegt die Kontakte zu den Bauern und zu Kakaoverbandspräsident Luis Mendoza. Das hilft, Neues zu entdecken.