New Yorker Trockenbau

Die US Open galten als das schrammeligste Turnier in der Grand-Slam-Serie der Tennisprofis. Das ist jetzt nach Umbauten und Anpassungen ganz anders

Alles so schön bunt hier: Die Estin Kaia Kanepi schlägt unter dem Sternenbanner auf Foto: ap

Aus New York Jörg Allmeroth

Als sich gleich zu Beginn der ersten US-Open-Woche tropische Hitze über dem Schauplatz Flushing Meadow breitmachte, draußen vor den Toren des Big Apple, reagierten die Macher des Major-Turniers mit einem Akt der Vernunft. Auch den männlichen Profis wurde umgehend eine 10-Minuten-Pause bei längeren Matches zugestanden, Turnierärzte und die Grand Slam-Direktion hatten sich eilig zusammengesetzt und den historischen Beschluss umgesetzt. Es war eine logische Entscheidung, aber es war auch ein Indiz dafür, wie sich der einst als „Grusel-Slam“ abgekanzelte Wettbewerb und seine Dirigenten in den letzten Jahren verändert haben.

Vielen in der Tenniskarawane sind noch die Chaosjahre aus nicht allzu ferner Vergangenheit in lebhafter Erinnerung, die parteiische Ansetzung der Matches, der wirre Spielplan, das übermächtige Diktat der US-Fernsehnetworks, die schlechte Infrastruktur. Doch die Zeiten, in denen der amerikanische Grand-Slam sogar auf der Kippe stand und Spielervertretungen offen mit Boykott drohten, sind zum Glück vorbei. John McEnroe, einst einer der unbarmherzigsten Kritiker seines eigenen Tennisverbandes USTA, ist nun zum eingeschworenen Fan der US Open geworden: „Sie haben wirklich die Kurve gekriegt hier“, sagt der New Yorker, „es war eine Rettung in letzter Sekunde.“ Seit diesem Jahr verfügen die US Open über drei schmucke Toparenen, zum Ashe-Stadion und dem vor zwei Jahren fertig gewordenen Grandstand ist nun der neue Louis-Armstrong-Court hinzugekommen, eine 14.000 Zuschauer fassende Konstruktion mit luftig-leichter Anmutung – und genau wie der Centre Court mit einem mobilen Schutzschild-Dach ausgerüstet.

Eigentlich hatte schon der Bau des Ashe-Stadions vor gut 20 Jahren den Aufbruch in eine neue Ära einleiten sollen. Doch die größte Tennisarena der Welt hatte vom ersten Jahr an einen Geburtsfehler – keinen Schutz vorm Regen. Das Herrenfinale musste in der Vergangenheit wegen fataler Wetterkapriolen gleich fünf Mal hintereinander auf den Montag verschoben werden. Hinzu kam der eigenwillige Terminablauf, diktiert von den großen Fernseh-Geldgebern wie CBS.

Lange und hartnäckig hatte sich die USTA-Exekutive gegen eine große Grand-Slam-Umwälzung ausgesprochen, noch zu Beginn dieses Jahrzehnts rief der damalige Turnierboss Jim Curley die Devise aus, „andere Turniere hätten viel größere Probleme mit dem Wetter – etwa Wimbledon“. Doch dort, im All England Club, war eine Utopie schon längst Wirklichkeit geworden, ein Regendach über dem Centre Court, ein Stück Planungssicherheit bei Wetterunbilden. Neue Köpfe in der Verbandsspitze brachten dann auch in New York die kleine Revolution auf den Weg – ein 600-Millionen-Dollar-Projekt zum technischen Stadionumbau und zur kompletten Schönheitskorrektur wurde beschlossen und zeitgerecht umgesetzt. „Wenn man überlegt, wie es hier vor zehn Jahren ausgesehen hat und wie es jetzt aussieht, kommt man aus dem Staunen nicht heraus“, sagt Roger Federer.

Neue Köpfe im Verband brachten in New York eine kleine Revolution auf den Weg

Auch Rafael Nadal, sein kongenialer Rivale, ist voll des Lobes: „Inzwischen macht es wieder richtig Spaß, hier zu spielen, ohne Wenn und Aber.“ Einst hatte sich Nadal beschwert, das Turnier sei respektlos gegenüber den Profis, außerdem würden „nur die TV-Sender bestimmen, was hier passiert“. Man merke deutlich, „dass nun auch ehemalige Spieler in der USTA-Führung mitreden“, sagt der deutsche Trainer, Manager und Verbandsfunktionär Dirk Hordorff: „Sie wissen eben, an welchen Stellschrauben man drehen muss.“ So sind die nicht unwichtigen Details im täglichen Ablauf verbessert worden: Ein besser funktionierender Shuttleservice, aufgewertete Menüs in der Player’s Lounge. „Man hat endlich das Gefühl, ein willkommener Gast zu sein“, sagt der Coach eines europäischen Topspielers, „das war früher ganz anders.“

Auch der Spielplan folgt nun rationalen Überlegungen und nicht dem egoistischen Willen von Fernsehkonglomeraten. Jede Turnierrunde wird über zwei Tage ausgespielt, so wie in Wimbledon. Und am Finalwochenende ist der fragwürdige Super Saturday längst verschwunden, das Damenendspiel am Samstag und das Herrenfinale am Sonntag müssen genügen.