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Nüchtern gesehen

Drei Hamburger behaupten sich mit dem alkoholfreiem Craft-Bier „Uwe“ auf dem Markt. Es war quasi eine Notgeburt

Von Marthe Ruddat

Alkoholfreies Bier schmeckt ihm nicht. Weil Philip Wienberg aber aus gesundheitlichen Gründen keinen Alkohol mehr trinken kann, beschloss er einfach, sein eigenes Bier zu brauen, zusammen mit seinen Freunden Laia Gonzalez und Sönke Schmidt. Natürlich ein Craft-Bier, das läuft in deutschen Kiosks und Bars immer noch wie geschnitten Brot, nur eben ohne Alkohol.

Neben dem Umstand, dass einer aus dem Gründerteam auf der Suche nach dem guten Geschmack war, erklärt Laia Gonzalez die Entscheidung, auf ein alkoholfreies Getränk zu setzen, so: „Alkoholfreies Bier hat einen schlechten Ruf. Das wollen wir ändern.“ Die 32-Jährige sitzt vor einer kleinen Pop-up-Galerie im Hamburger Karolinenviertel. Mit ihren Freunden und Philip Wienberg stellt sie hier auf einer Vernissage „Uwe“ vor, so haben sie ihr Bier genannt.

Uwe soll nicht auf den ersten Blick als alkoholfreies Bier erkannt werden. Denn die fallen immer schon durch ihre Etikette auf. „Auf Partys fragen dann alle, warum man keinen Alkohol trinkt. Das bringt die Menschen in eine gewisse Entschuldigungshaltung“, sagt Gonzalez. Man könne aber auch alkoholfreies Bier trinken, ohne sich zum Affen zu machen, so verspricht es ihr Werbeslogan.

Die drei Gründer kennen sich durch ihre frühere Arbeit in einer Werbeagentur, bei der sie auch an Projekten für eine große Hamburger Brauerei gearbeitet haben. Mehr als ein Jahr brütete das Trio über seine Idee. Viele Fragen zu Geschmack, Marketing und Vertrieb galt es zu beantworten. Wirklich Angst vor der Selbstständigkeit hatte sie nicht, sagt Laia Gonzalez. „Wir haben einfach geschaut, wer welche Stärken hat, und danach entschieden, wer welche Aufgabe übernimmt“. Entscheidend sei auch die Vernetzung innerhalb der Branche gewesen.

Die Bierherstellung überlassen sie einem Profi. Nach langer Suche und vielen Absagen fanden die Jungunternehmer eine familiengeführte Brauerei in Sachsen. Gemeinsam mit dem Brauer entwickelten die Hamburger die ersten zwei Biersorten: ein alkoholfreies Indian Pale Ale (IPA) und ein alkoholfreies Summer Ale.

Seine Gründung finanzierte das Trio komplett aus eigener Tasche. Damit die ersten Biere in den Supermärkten und Kiosken im Kühlschrank stehen konnten, investierten sie einen Betrag im unteren bis mittleren fünfstelligen Bereich. Wie viel sie genau in die Hand genommen haben, wollen sie nicht verraten. Die Finanzen seien der belastendste Teil einer Gründung, erzählt Gonzalez. „Wir haben alles vorinvestiert und sind komplett auf Risiko gegangen“, so die Geschäftsführerin des Bier-Unternehmens. „Ich bin ein recht mutiger Mensch, aber es gibt auch Nächte, in denen ich deshalb nicht gut schlafe.“

Dabei läuft es gut für das alkoholfreie Bier aus Hamburg. Anfang Mai kam der erste Lastwagen voll mit „Uwe“-Bieren in Hamburg an. Mittlerweile haben mehr als 30 Kioske und Supermärkte das Bier im Angebot, Tendenz steigend. Die Verkaufszahlen entwickeln sich deutlich besser, als von den Gründern zuvor kalkuliert. Obwohl die Konkurrenz groß ist. Uwe ist nicht das einzige alkoholfreie Craft-Bier aus Hamburg.

Gonzalez, Schmidt und Wienberg planen weitere Aktionen wie die Bier-Vernissage, um den Hamburgern die neue selbstbewusste Nüchternheit schmackhaft zu machen. Auch weitere Sorten sind in Planung.

www.trinkuwe.de