Gewalt gegen Frauen: Iran debattiert über Gesetzesvorlage

Fast jede Frau im Iran gibt an, mindestens einmal von ihrem Mann geschlagen worden zu sein. Jetzt soll ein Gesetz solche Gewalt unter Strafe stellen.

Eine iranische Frau mit Hijab. Unscharf im Hintergrund ein Mann, der in ihre Richtung schaut

Ein Gesetzesentwurf soll iranische Frauen vor Gewalt durch Männer schützen Foto: imago/UPI

Seit Monaten wird in der Islamischen Republik Iran über eine Gesetzesvorlage gestritten, die Frauen vor Gewalt in der Familie schützen soll. Sie liege zur Überprüfung bei der Justiz, sagte die Parlamentsabgeordnete Tayebeh Siawaschi. Offenbar gebe es dort Gegner dieses Gesetzes.

Das Gesetz sieht Strafmaßnahmen vor gegen Personen, die Frauen gegenüber Gewalt ausüben. Neu dabei ist, dass es nicht nur um physische Gewalt geht, sondern auch um „psychische, emotionale, verbale und wirtschaftliche Gewalt“.

Einige Abgeordnete forderten eine rasche Entscheidung über das Gesetz. Siawaschi sagte, alle Instanzen, die um eine Stellungnahme gebeten worden waren, hätten sich inzwischen zu der Vorlage geäußert. Es fehle allein die Stellungnahme des Justizchefs Sadegh Laridschani. Wie immer bei solchen sensiblen sozialen und kulturellen Themen stehen sich das Lager der Hardliner und Konservativen und das der Reformer und Gemäßigten konfrontativ gegenüber.

Neuen Zündstoff für eine heftige Debatte lieferte Sahra Ayatollahi, Vorsitzende des Kultur- und Sozialrats für Frauen und Familien. In einem Artikel in der rechtsorientierten Tageszeitung Kayhan schrieb sie, das Gesetz würde den Frieden in der Familie stören, den Frauen die Gelegenheit geben, ihre häuslichen Pflichten zu vernachlässigen, und die Stellung der Männer als Verwalter der Familie gefährden. Ferner würden mit dem Gesetz die Frauen vor der Gewalt der Männer in Schutz genommen, nicht jedoch die Männer vor Aggressionen der Frauen, schrieb Ayatollahi.

Ehemann als Beschützer oder Täter?

Sie warf den Initiatoren der Vorlage vor, den Westen nachzuahmen und Ziele anzustreben, die den Grundsätzen des Islam widersprächen. Eine Legalisierung der Abtreibung, Missachtung des Familienzusammenhalts, Unterstützung von Prostituierten gehörten zu dieser Sichtweise. In Schweden zum Beispiel seien mehr als die Hälfte der Kinder, die im vergangenen Jahrzehnt geboren wurden, unehelich, sagte sie. Mehr als 50 Prozent der Ehen würden geschieden. „Die Erfahrung lehrt, dass der beste Schutz für Frauen durch eigene Männer gewährleistet wird“, betonte Ayatollahi.

Scharfe Kritik an dem Artikel übte Parwaneh Salahschuri, Vorsitzende der Frauenfraktion im iranischen Parlament. „Wenn ich ihre Äußerungen lese, kommt es mir vor, als stehe dahinter ein Mann, ein brutaler Macho“, sagte sie. „Was soll eine Frau tun, wenn der Mann, der Vater oder der Bruder gegen sie Gewalt anwenden, wenn sie gar dazu gezwungen wird, sich auf der Straße zu verkaufen?“

Bei einer vor zwei Jahren durchgeführten Umfrage gaben verheiratete Frauen an, mindestens einmal von ihren Männern geschlagen worden zu sein. Vor allem Frauen, die finanziell von ihren Männern abhängig sind, oder solche, die aus ideologischen oder vermeintlich religiösen Gründen die Dominanz der Männer akzeptieren, sehen der Umfrage nach keine andere Möglichkeit, als auch die Gewalt zu erdulden.

Die für Frauen und Familie zuständige Vizepräsidentin Masumeh Ebtekar sagte in einer Stellungnahme zu dem Artikel von Aytollahi, die Äußerungen seien zum Teil „beleidigend“ und basierten auf falschen Behauptungen. Das Gesetz übernehme nicht westliche Wertvorstellungen, sondern richte sich nach Grundsätzen des Islam. Dutzende Experten, Richter und Theologen hätten die Vorlage überprüft. Nun müsse die Justiz dazu Stellung nehmen. Laut Tyebeh Siawaschi fordert die Justiz, 41 der 100 Artikel der Vorlage zu streichen.

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