China weist UN-Vorwürfe zurück: Eine Provinz wird zum Gefängnis

In China werden die muslimischen Uiguren mit großer Härte unterdrückt. Bis zu drei Millionen Menschen werden in Lagern festgehalten.

Eine Demonstrantion mit blauen, uigurischen Flaggen

Eine Demonstration vor dem Kanzleramt für eine Verbesserung der Situation der Uiguren Foto: dpa

PEKING taz | Bislang wollte Chinas Führung gar zugeben, wie rabiat sie in ihrer nordwestlichen Provinz Xinjiang gegen die muslimischen Uiguren vorgeht. Nun hat sie sich konkret dazu geäußert und sämtliche Vorwürfe von sich gewiesen. „Antichinesische Kräfte“ würden aus „politischen Gründen falsche Anschuldigungen“ machen, beklagte sich Chinas Außenamtssprecher Lu Kang am Dienstag gegenüber Journalisten. Ausländische Medien würden in ihren Berichten ein „verzerrtes Bild“ liefern. Sie diffamierten damit Bemühungen der Regierung, gegen Kriminalität in Xinjiang vorzugehen.

Die Uiguren in Xinjiang fühlen sich schon seit Jahrzehnten auf ihrem eigenen Boden diskriminiert. Sie sehen die aus dem Osten der Volksrepublik zugezogenen Han-Chinesen als Besatzer. Inzwischen machen Han-Chinesen die Mehrheit in Xin­jiang aus. In den letzten Monaten haben die Behörden in der Unruheprovinz die „Sicherheitsvorkehrungen“ jedoch noch einmal massiv verschärft.

In sämtlichen Städten des weitgehend von Wüsten und hohen Gebirgsketten geprägten Landstrichs gibt es alle paar hundert Meter Polizeikontrollen. Die Religionsfreiheit wird eingeschränkt, Männer mit langen Bärten und Frauen mit Kopftuch werden unter Generalverdacht gestellt. Schlimmer noch: Es kommt zu willkürlichen Verhaftungen, Unterbringungen in Gefängnissen und Umerziehungslagern.

Schon vorher gab es Berichte, dass in Städten wie Kaschgar oder Korla quasi jede uigurische Familie mindestens ein Mitglied zu beklagen hat, das in Haft oder in einem dieser Umerziehungslager steckt. Das genaue Ausmaß dieser Repressionswelle wird jedoch erst jetzt nach und nach dem Rest der Welt bekannt.

„Nur eine Phase“

Angaben des Komitees zur Bekämpfung von Rassendiskriminierung der Vereinten Na­tio­nen in Genf zufolge liegt die Zahl der in sogenannten Anti-Extremismus-Lagern festgehaltenen Uiguren bei über 1 Million. Die Komiteevorsitzende Gay McDougall berichtet von weiteren 2 Millionen Uiguren und anderen Angehörigen muslimischer Minderheiten, die in politische Umerziehungslager gebracht wurden.

Die meisten seien „nie konkret angeklagt oder auch verurteilt worden“, beklagt McDougall. Dieses Vorgehen habe die Autonome Region der Uiguren in „eine Art massives Internierungslager“ umgewandelt.

Offenbar richten sich diese Maßnahmen zunehmend auch gegen andere Minderheiten in Xin­jiang und den umliegenden Nachbarprovinzen, etwa gegen Kasachen und Hui. Auch sie sind muslimischen Glaubens. In den Provinzen Ningxia und Gansu berichten Angehörige der Hui, Behörden hätten einige ihrer Moscheen geschlossen.

Die chinesischen Delegierten im UN-Ausschuss bestreiten die Vorwürfe. Die Behörden in Xin­jiang würden gegen „gewalttätige terroristische Aktivitäten“ vorgehen. Eine Unterdrückung von Minderheiten oder eine Einschränkung ihrer religiösen Freiheit gebe es nicht, beteuerte Delegationsmitglied Hu Lianhe.

Immerhin: In der englischen Ausgabe der Staatszeitung Global Times wird zugegeben, dass es viel mehr Polizei und Sicherheitsposten in Xinjiang gebe. Dabei handele es sich aber nur um eine „Phase“, die die Provinz beim „Wiederaufbau von Frieden und Wohlstand“ durchmachen müsse. Schon bald würde daraus eine „normale Regierung“ hervorgehen.

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