Kommentar Rücktritt aus der Nationalelf: Danke, Özil!

Nicht einmal einer der weltbesten Fußballer ist als Deutscher gut genug. Mit dieser Botschaft spricht Mesut Özil leider vielen Migranten aus dem Herzen.

Mesut Özil im DFB-Trikot

Wer Erfolg hat, spielt das Spiel nicht mehr mit! Foto: dpa

Mesut Özil hat die Schnauze voll. Das kam mit Ansage. Als Deutschland noch über ihn stritt, sandte er bestens gelaunte Sommergrüße via Twitter. „Es geht mir gut“ – noch immer die schönste Art, „Fuck you“ zu sagen. Er ließ streiten, anstatt es selbst zu tun, weil es keinen Sinn macht, in Deutschland über Integration zu diskutieren. Das ist die harte Bilanz.

Özil sprengt die Rolle des Vorzeigemigranten: Der Diskurs lohnt nicht, weil die deutsche Öffentlichkeit den ungehorsamen Migranten zerfetzt, selbst wenn er Erfolg hat. Özil „durfte“ sich nicht einmal an seiner alten Schule engagieren! Gerade das hat ihn tief getroffen – und es zeigt, wie integriert dieser Mann ist: Wer sich wegen eines verweigerten Ehrenamts verletzt fühlen kann, ist ein waschechter Deutscher.

Erfolgreiche Deutsche mit Wurzeln wo auch immer werden ab jetzt den verängstigten Deutschen nicht mehr bestätigen, dass man Einwanderer nicht fürchten muss. Sie brauchen keine Integrationspreise mehr, die sagen: Schau, den haben wir gut hinbekommen!

Als Ex-Bundespräsident Gauck zur Einbürgerungsfeier lud, um deutsche Weltoffenheit zu feiern, war er derselbe Joachim Gauck, der wenig später die Sprachkenntnisse unserer Eltern mit Spott und Tadel versehen würde? Sind dafür alle Eingebürgerten ins Bundespräsidialamt gepilgert, um für ihn zu ministrieren? Mesut Özil sagt: Es reicht. Er wird vielen aus dem Herzen sprechen – trotz des Bilds mit Erdoğan.

Integrationserpressung in Reinform

Özil verbrennt damit Millionen, die in Integrationsprojekte gesteckt werden, weil ab jetzt jeder Taxifahrer, jedes Kind und die ganze Welt wissen: Nicht einmal einer der weltbesten Fußballer ist als Deutscher gut genug.

Özils Bombe ist ein Befreiungsschlag. Die deutsche Gesellschaft ist kein Magnet mehr, nach dem sich alle ausrichten werden.

Von einem Nationalspieler mehr Haltung zu verlangen als von der eigenen Regierung, die mit der Türkei Flüchtlingsabkommen abschließt und Handel betreibt, ist Integrationserpressung in Reinform. Und das in Zeiten, in der eine WM in Russland läuft und die nächste in Katar, alles Hochburgen der Demokratie.

Özil sagt jetzt: Wer Erfolg hat, spielt das Spiel nicht mehr mit! Vive la Liberté! Wir spielen das Spiel jetzt nach unseren Regeln!

Lesen Sie zum selben Thema den Text Mesüt Özil tritt zurück und den Text Der Fall Özil ist ein Fall Grindel von Jan Feddersen

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ist Autorin und Publizistin. 2016 erschien ihr Roman „Made in Germany - Was ist deutsch in Deutschland?“ bei Hoffmann und Campe.

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