Regimekritischer Journalist ausgeliefert: Erdoğans Ukraine

Der oppositionelle türkische Journalist Yusuf İnan wurde in der Ukraine festgenommen. Jetzt wurde er an die Türkei ausgeliefert worden.

Petro Poroschenko legt seine Hand auf die Hand von Recep Tayyip Erdoğan

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko Foto: dpa

Seit Sonntag befindet sich der türkische Journalist Yusuf İnan, der nach dem gescheiterten Putsch 2016 in die Ukraine geflohen war, wieder in der Türkei. Mitarbeiter des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU, meldet die ukrainische Journalistenunion, hatten İnan im südukrainischen Mikolajiw am Sonntag verhaftet und dem türkischen Geheimdienst MIT übergeben. Am Montag veröffentlichen türkische Medien ein Foto, das den ausgelieferten Journalisten gefesselt vor einer türkischen Fahne zeigt.

In der Ukraine selbst will niemand für diese Auslieferung ohne Gerichtsbeschluss Verantwortung übernehmen. So teilte der Pressedienst der Polizei von Mikolajiw der ukrainischen Journalistenunion mit, Yusuf İnan sei vom ukrainischen Inlandsgeheimdienst festgenommen worden. Dessen Pressesprecherin sagte dem ukrainischen Radiosender „Hromadske“ indes, dass sie zu dem Fall nichts sagen könne.

Auch bei der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft will man von nichts wissen: „Als Generalstaatsanwaltschaft haben wir keine Anfrage erhalten“, zitiert Detektor Media deren Sprecher. Die Staatsanwaltschaft Kiew wiederum teilte mit, dass ein Verfahren zur Prüfung eines Auslieferung im Gange gewesen sei.

„İnan ist ein Hauptverdächtiger der Fethullahist Terrorist Organization (FETÖ)“ behauptet die türkische hurriyetdailynews.com. Die FETÖ wird in der Türkei als angeblich terroristische Vereinigung aus dem Umfeld der Gülen-Bewegung verfolgt. Ihr wird auch der Putschversuch in der Türkei von 2016 zugeschrieben.

Berechtigte Furcht

İnan, so das türkische Internet-Portal aa.com.tr, habe Politiker und staatliche Vertreter der Türkei in sozialen Medien diskreditiert. Außerdem sei er in Izmir wegen „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation“ zur Fahndung ausgeschrieben.

Gegenüber der ukrainischen Journalistenunion sagte der seit 2005 im ukrainischen Exil lebende türkische Journalist Junus Erdoğdu, er wisse von einer Liste von acht türkischen Journalisten, die in der Ukraine lebten, gegen Erdoğan seien und deren Entführung vom türkischen Geheimdienst geplant sei. Unberechtigt dürfte diese Furcht nicht sein. Am 12. Juli, so strana.ua, war in Odessa der oppositionelle türkische Geschäftsmann Salih Zegi Igita von türkisch sprechenden Personen entführt und in die Türkei geflogen worden.

Auch ukrainische Journalisten leben gefährlich. Am 10. Juli wurde in der Stadt Kamjansk im Gebiet Dnjepro­petrowsk auf die Redaktion des Internetportals Sobytie ein Brandanschlag verübt. Dies war bereits der fünfte Überfall auf die Redaktion in den vergangenen 18 Monaten.

Am vergangenen Dienstag wurde in dem Städtchen Irpen 30 Kilometer von Kiew die Journalistin Olga Opfer eines „Seljonka-Angriffs“ geworden. Die Journalistin, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, arbeitete zu illegalen Abholzungen.

45 Journalisten überfallen

„Seljonka“ ist eine antiseptische schwer abwaschbare grüne Flüssigkeit, die in jeder Apotheke erhältlich ist. Gefährlich ist sie, wenn sie in die Augen gerät. So musste sich der russische Oppositionelle Alexei Nawalny 2017 nach einem Seljonka-Angriff einer Augenoperation unterziehen.

Nach Angaben der ukrainischen Journalistenunion sind in der ersten Hälfte 2018 45 Journalisten überfallen worden. Im gleichen Zeitraum im letzten Jahr waren 46 Überfälle registriert worden.

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