liebeserklärung
: Der Hampelmann

Die kurze Hose für Männer hat offenbar viele Feinde. Was soll das? Es muss schließlich nicht jeder freiwillig ein mobiles Schweißbad mit sich herumtragen

Jeden Sommer wird dieselbe Sau durchs Mediendorf getrieben: Sie hat haarige, bleiche, dünne Beinchen und trägt eine kurze Hose. Das geht gar nicht, sagt in diesem Jahr der Stilberater der Süddeutschen Zeitung und führt, damit es speziell dem kurzbehosten Heteromann wehtut, eine Heerschar von Kronzeuginnen an: „Find ich nicht schön“, antworten die nahezu unisono.

Hier äußert sich wohl das Stockholm-Syndrom von Frauen, die seit jeher mit ­lookistischen Ansprüchen geschurigelt werden: wie sie auszusehen haben, was sie anziehen dürfen und was nicht bzw. was sie jeweils anziehen dürfen, wenn sie aussehen, wie sie aussehen (und immer schön die Beine rasieren!). Es sind zwei entgegengesetzte Wege zur feministischen Seligkeit: Der eine will, dass sich alle scheiße fühlen, für die Gleichberechtigung. Der andere Weg zielt auf das identische Ergebnis ab, nur mit einem geringfügig veränderten Detail: Alle Menschen sollen sich gut fühlen.

Dem Misanthropen in mir ist der erste Weg nicht unsympathisch. Der Mann in mir, dem warm ist, zieht jedoch den zweiten Weg vor. Wie meine Beine aussehen, tut dabei absolut nichts zur Sache. Denn damit verhält es sich wie mit dem Nacktbaden. Es ist völlig okay, das aus welchen Gründen auch immer für sich selbst abzulehnen. Das Argument jedoch, die öffentliche Nacktheit solle jenen vorbehalten bleiben, die bestimmten ästhetischen Ansprüchen genügen, ist ein gesinnungstechnischer Offenbarungseid.

Apropos nackt. Im Zentrum der Tirade des bleichbeinigen SZ-Modefuzzis steht die Sorge, der Mann in kurzen Hosen könnte sich selbst zur Karikatur machen. Die Angst, womöglich lächerlich zu ­wirken, beherrscht das Geschlecht mit dem Y-Chromosom offenbar noch mehr als die, dass das Bier knapp werden könnte. Dabei ist es von Natur aus doch schon zu spät: Wem wie einem Ham­pelmann eine alberne Strippe zwischen den Beinen baumelt, der sollte sich doch besser rundum locker machen.

Den Männern wünsche ich viel Spaß in ihrem mobilen Schweißbad, in dem sie durch die Gegend waten, dazu noch lecker Turnschuhe, wo doch jeder weiß, dass der Mann von Natur aus ein krasses Fußschweißopfer ist. Und an die Frauen: Mir egal, was ihr von mir denkt. Ich will euch ja nicht heiraten.

Uli Hannemann