Horst flieht vor Ehren-amtlern

Seehofer gibt Schirm-herrschaft für Preis ab

Ohne Horst Seehofer wird die Angelegenheit direkt leichter für die Flüchtlingshilfe Harvestehude in Hamburg. Der Innenminister und CSU-Chef ist am Donnerstag als Schirmherr des Deutschen Nachbarschaftspreises zurückgetreten, für den die Initiative nominiert ist. Den Preis abzulehnen, weil Seehofer kraft Amtes Schirmherr des Preises war, hielt die Vereinsvorsitzende Hendrikje Blandow-Schlegel für falsch: „Wir sollten jede Gelegenheit nutzen, ihm die Meinung zu sagen“, sagte die 56-jährige Rechtsanwältin: „Ich stelle mich gerne auf die Bühne und sage ihm ins Gesicht, dass er einen Rollback in den Nationalismus betreibt.“

Um die Schirmherrschaft des Innenministers hatte es Streit gegeben, zwei Initiativen aus Berlin und Köln hatten wegen seines Agierens in der Flüchtlingspolitik ihre Nominierung abgelehnt. Auch die Stiftung nebenan.de, die den Nachbarschaftspreis verleiht, hatte sich von der Politik ihres Schirmherren distanziert: „Wir stehen für andere Werte als Herr Seehofer“, sagte Stiftungs-Geschäftsführer Michael Vollmann der taz. Aber er könne sich ja „die Hausleitung im Ministerium nicht aussuchen“. Seehofer reagierte harsch: „Da Sie mir Toleranz, Mitmenschlichkeit und Offenheit absprechen, stehe ich für die Schirmherrschaft ab sofort nicht mehr zur Verfügung.“

Auch Blandow-Schlegel hatte kein freundliches Wort über den CSU-Vorsitzenden gefunden, „der Europa als Festung abschotten möchte, Menschen als zweitklassig deklariert und Seenotretter kriminalisiert“. Deshalb müsse man ihm gegenüber „Tacheles reden und seine Haltung in Grund und Boden kritisieren“, und nicht aus dem Dialog aussteigen. Ihr Verein sei nach internen Diskussionen zu der Einschätzung gelangt, dass die Nominierung für den Nachbarschaftspreis ein Forum ist, dass man nutzen solle, um für die eigenen Ziele zu werben. Die da wären: „Das Empowerment von Menschen mit Migrationshintergrund, die Vermittlung von Sprachkenntnissen und demokratischen Grundwerten sowie die Akzeptanzarbeit in der Nachbarschaft“, sagte Blandow-Schlegel.

Dass nun Seehofer aus dem Dialog aussteigt, entspannt die Situation durchaus. Sollte die Flüchtlingshilfe Harvestehude tatsächlich den Preis für ihren Einsatz für eine „lebendige Nachbarschaft“ erhalten, könnte sie ihn jetzt unbesorgt annehmen – ohne Seehofer, sagt Blandow-Schlegel, „wird der Preis glaubwürdiger“. Sven-Michael Veit