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: Die Löffelente

Renitent und anspruchsvoll: Löffelenten lassen sich nicht mit Ausgleichsgebieten abspeisen

Illustration: Til

Nur selten kann man das putzige Paarungsverhalten der Löffelente beobachten, bei dem sich Weibchen und Männchen mit tief ins Wasser eingetauchtem Kopf immer und immer wieder umrunden, nicht oft ist das typische „toctoctoc“ der Löffelente zu hören, genauer, des Löffel-Erpels.

Denn eine Löffelente ist ein seltener Anblick. Die weibliche unterscheidet sich in Laut und Gefieder kaum von ihren Schwestern, den deutlich häufigeren Stockenten. Markant, und das hat sie gemein mit ihren männlichen Artgenossen: ihr langer, zur Spitze hin breiter werdender Schnabel, der einem Löffel ähnelt. Bei der „Stockente“ hat der Name übrigens nichts mit der Schnabelform zu tun, aber um die soll es hier auch nicht gehen.

Sondern um die Löffelente. Und die lebt während der Brutzeit an Sümpfen und flachen Binnengewässern und im Sommer gern am Wattenmeer, ist wenig anpassungsfähig und sehr empfindlich: Flussregulierungen, Entwässerung von Feuchtgebieten, intensive Binnenfischerei und die Gefährdung durch zugewanderte Arten wie den Waschbären sorgen für eine rapide Bestandsabnahme in Deutschland. Die Löffelente steht hier auf der Roten Liste der bedrohten Vogelarten.

Nicht nur deswegen hört und sieht man sie selten, sondern auch, weil sie auf menschliche Gesellschaft recht wenig Wert legt – wobei viele ihrer Verwandten noch scheuer sind: Weder mit Brot noch mit Schnecken lässt die Löffelente sich locken. Sie sucht lieber mit ihrem langen Schnabel die Wasseroberfläche ab, um Plankton und Kleingetier abzuseihen. Ist sie genervt, haut sie ab – und kommt so schnell nicht wieder.

Selbst dann nicht, wenn sie ein so schönes Ausgleichsgebiet bekommt wie Hahnöfersand: Dort musste Hamburg zwei Schlickwatten für Krick- und Löffelenten schaffen, weil Airbus vor sechzehn Jahren für die Erweiterung seines Firmengelände ein Fünftel des Mühlenberger Lochs am Rande der Elbinsel Finkenwerder zugeschüttet hat. Die Bucht ist ein Süßwasserwatt, das Tiere und Pflanzen ganz besondere Lebensbedingungen bot, damals auch der Löffelente. Aber die verschwand, als die Bagger kamen. Und sie kam auch nicht wieder – nicht einmal nach Hahnöfersand.

Riot kann nicht nur die Antifa: Die taz nord stellt in loser Folge Unerschrockene aus dem Tierreich vor, die sich menschlichen Bauvorhaben in den Weg gestellt haben.

Die Krick- und Schnatterente haben das neue Gebiet gut angenommen, die Brandgans ebenfalls – nur die Löffelente nicht: Statt erwarteter 1.000 Stück rasteten dort bis 2013 im Schnitt nur 50 Vögel. Die Löffelente ist scheu, anspruchsvoll und renitent. Sie lässt sich nicht so einfach abspeisen. Da verschwindet sie doch lieber ganz aus Deutschland, nach Russland oder in die Niederlande zu den Artgenossen, die dort noch einigermaßen in Ruhe gelassen werden – oder hat gleich gar keine Lust mehr, Küken in diese landraubende Welt zu setzen. Wer könnte es ihr verdenken?

Simone Schnase