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: In Kambodscha hat Hun Sen seine Wiederwahl organisiert

Der alte Premierminister ist nun auch der neue – was weder politische Beobachter noch die Bevölkerung überraschen dürfte. Opposition und kritische Medien sind praktisch kaltgestellt

Das Neue

Kambodscha hat gewählt. In gut der Hälfte der 25 Provinzen lag um 21 Uhr kambodschanischer Zeit die Kambodschanische Volkspartei (CPP) von Premierminister Hun Sen mit 63 bis 70 Prozent vorne. Die anderen 19 Miniparteien, von denen so manche als verkappte CPP-Organisationen gelten, waren von vorneherein chancenlos. Die ­Beteiligung bei der von China politisch und logistisch unterstützten Wahl lag bei 80 Prozent und damit um 10 Prozent höher als 2013.

Der Aufruf zum Wahlboykott der verbotenen Opposition „Partei zu nationalen Rettung Kambodschas“ ist offenbar durch die vor der Wahl offen geäußerten Androhung von Repressionen ins Leere gelaufen. Für Aufsehen sorgte am Wahltag ein im Internet kursierendes Video, das Informationsminister Khieu Kanharit zeigt, wie er nach seiner Stimmabgabe kambodschanischen Reportern ein paar Hundert Dollar zusteckt.

Der Kontext

Wie leid viele Kambodschaner das korrupte Regime sind, machten im Juli 2016 die rund zwei Millionen Menschen deutlich, die dem erschossenen Regierungskritiker Kem Ley das letzte Geleit gaben. Sowohl bei der Parlamentswahl 2013 als auch bei den Kommunalwahlen 2017 punktete die oppositionelle Partei zur nationalen Rettung Kambodscha (CNRP), ein Wandel schien plötzlich möglich.

Nach den Kommunalwahlen aber wurde die CNRP zwangsaufgelöst. Oppositionschef Kem Sokha landete im Gefängnis, kritische Medien wurden verboten. Am Freitagabend vor der jetzigen Wahl ordnete die Regierung die Blockierung der Internetseiten von 15 verbliebenen unabhängigen Medien an.

Die Reaktionen

Die CPP bejubelt die im Vergleich zu 2013 höhere Wahlbeteiligung als Beweis einer funktionierenden Mehrparteiendemokratie. Der im Pariser Exil lebende prominente Exilpolitiker Sam Rainsy hingegen nannte auf Twitter den Sieg der CPP „sinnlos“, weil er „nichts zur Lösung der politischen Krise beiträgt, in die Kambodscha in den letzten zwölf Monaten als Folge der totalitären Richtung des Regimes “ geraten sei. Exilkambodschaner in den USA und im südkoreanischen Seoul demonstrierten am Wochenende gegen die „Fake Election“ (Scheinwahl) in ihrer Heimat.

Die Konsequenz

Ein kambodschanischer Demokratieaktivist, der zum Schutz seiner Menschenrechts-NGO nicht namentlich genannt werden will, entwirft zwei Postwahl-Szenarien: Entweder werde Hun Sen die Zügel noch fester anziehen. Oder aber er setze zur Vermeidung von Sanktionen durch die USA und die EU bald Zeichen der Versöhnung. „Er könnte etwa Kem Sokha freilassen“, sagte der Aktivist auf Anfrage. Hun Sen brauche den Westen, um nicht völlig von China abhängig zu werden.

Im Laufe seiner jahrzehntelangen Herrschaft hat Hun Sen schon öfters „Zeichen der Versöhnung“ gesetzt. Aber: Danach landete Ex-Co-Premierminister Norodom Ranariddh im politischen Abseits, Sam Rainsy im Exil – und Kem Sokha im Gefängnis. Michael Lenz, Phnom-Penh