Kippen nur gegen Altersangabe

Zigarettenautomaten bekommen neue Technik, damit Jugendliche weniger rauchen

BERLIN taz ■ Tabakautomaten sind engagierten Nichtrauchern schon lange ein Dorn im Auge: Denn diese sind ein Selbstbedienungsladen für Kinder und Jugendliche, die im Supermarkt vergeblich nach Tabak verlangen. Nun gibt es immer mehr Automaten, an denen Jugendliche keine Zigaretten mehr ziehen können.

Bislang bekam Zigaretten, wer am Automaten einfach ein paar Münzen einwarf. Nun wird das schwieriger: Bevor der Kunde überhaupt bezahlt, muss er seine EC-Karte in den Automaten schieben. Seit 2004 ist auf der Bankkarte auch das Alter des Besitzers auf einem speziellen Chip gespeichert. Der Automat gibt die Ware nur frei, wenn der Kartenbesitzer älter als 16 Jahre ist. Der Kunde kann sich dann allerdings entscheiden, ob er die 4 Euro pro Schachtel von seinem Konto abbuchen lassen möchte. Oder ob er wie bisher mit Münzen zahlen will.

Die Tabakindustrie hatte sich gegen die neue „Sicherheitstechnik“ lange gewehrt. Sie fürchtete starke Einnahmeeinbußen. Schon vor drei Jahren gab es dann aber eine Einigung mit dem Bundesgesundheitsministerium. Langsam setzt sich die neue Technik durch.

Die Branche rechnet damit, dass die Umrüstung aller 700.000 Automaten – Deutschland hat weltweit die größte Automatendichte – mindestens 500 Millionen Euro kosten dürfte. 270.000 davon wurden nun bereits auf das Chipkartensystem umgestellt. Die Tabakgroßwarenhändler sind in der Pflicht. Die neue Technik wurde im April 2003 im Jugendschutzgesetz festgelegt. Bis zum 1. Januar 2007 bleibt ihnen noch Zeit. Danach darf es keine herkömmlichen Automaten mehr geben.

Bis zum Stichtag, dem 1. Januar 2007, sollen aber nur 500.000 umgerüstet sein. Die restlichen 200.000 würden Stück für Stück abmontiert, erklärte Peter Lind, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA), gestern der taz.

Der Zigarettenkonsum habe durch die stufenweise Erhöhung der Tabaksteuer schon in den letzten Jahren stetig abgenommen, sagte Lind. Deshalb sei ein Teil der Automaten überflüssig geworden. Außerdem sei die Umrüstung mancher Automaten teurer als ihr wirtschaftlicher Nutzen.

Tatsächlich ging der Tabakkonsum nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums seit 2002 um 12 Prozent zurück. Besonders auffällig ist der Rückgang des Raucheranteils um 28 Prozent bei den 12- bis 17-Jährigen.

Doch das liegt wohl kaum an den Automaten mit Chipkarten. Eher hängt das mit dem starken Preisanstieg zusammen. Nach nunmehr vier Steuererhöhungen seit 2002 müssen die Raucher 4,4 Cent pro Glimmstängel mehr zahlen. Seit der heutigen fünften Erhöhung noch mal 1,2 Cent mehr.

Für Siggi Ermer von „Pro Rauchfrei“ ist das aber alles noch nicht genug. Er forderte gestern: „Alle Tabakautomaten müssen abgeschafft werden.“ Sie fungierten als Werbeträger für Zigarettenmarken. Zudem könnten sich Jugendliche über ältere Freunde weiterhin leicht die Kippen beschaffen. SUSANNE GÖTZE