Boom beim Holzbau: Höhenrekorde aus Holz

Der Baustoff aus dem Wald liegt im Trend. Nicht nur in Deutschland. Weltweit überbieten sich Architekten mit Ideen für Wolkenkratzer.

Zwei Menschen arbeiten an einer Holz-Konstruktion

Beginn eines Trends: Das Dach der Expo 1999. Die Konstruktion überspannte 16.000 Quadratmeter Foto: dpa

Die württembergische Stadt Heilbronn ist auf dem Weg zu einem neuen deutschen Rekord: Im Neckarbogen baut die städtische Wohnungsgesellschaft ein zehnstöckiges Haus aus Holz; 34 Meter hoch wird das „Skaio“ sein. Bisher ist noch das 25 Meter hohe Holzhaus im bayerischen Bad Aibling Spitzenreiter.

Unterdessen streben die Österreicher den Weltrekord an: In der Wiener Seestadt Aspern soll 2019 das 84 Meter hohe HoHo (Holz-Hochhaus) mit 24 Stockwerken bezugsfertig sein. In Metropolen wie Stockholm und Paris planen Architekten derweil, die 100-Meter-Marke zu knacken, während aus London und Chicago sogar Pläne für Wolkenkratzer von 300 Meter Höhe kommen. Und weil immer noch mehr geht, stellte das japanische Unternehmen Sumitomo Fores­try im Februar Pläne für ein 350 Meter hohes Holzhaus in Tokio vor, W350 genannt.

Die enorme Stabilität von Holzkonstruktionen bewies 1947 schon das größte Flugzeug der Geschichte – ein Holzbau. Mit einer Spannweite von 97,51 Metern hob die „Spruce Goose“ in Los Angeles ab. So ausladend ist selbst der heutige Airbus A 380 nicht. Ein halbes Jahrhundert später sorgte das Tragwerk des Expo-Daches in Hannover für Staunen. Die Konstruktion aus Weißtannenholz überspannt eine Fläche von 16.000 Quadratmetern.

Voraussetzung für den Holzbau-Boom seien weniger technische Innovationen als der veränderte politische Wille, sagt Norbert Rüther vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung in Braunschweig: „Man sucht heute Materialien, die weniger Energie zur Produktion benötigen als Zement.“ Und die finden sich in Deutschland vor der Haustür: Für tragende Konstruktionen kommen vor allem Fichte und Weißtanne zum Einsatz.

Holz sorgt für Erdbebensicherheit

In welchem Maße Holzbau möglich ist, hängt von den Landesbauordnungen der Bundesländer und den Genehmigungsbehörden ab. „Es gibt für Hochhäuser aus Holz kein Standardgenehmigungsverfahren“, erklärt Werner Seim, Professor am Institut für konstruktiven Ingenieurbau der Universität Kassel. Vielmehr zählten hier auch „weiche Kriterien“: „Die Kompetenz der Planer und das Vertrauen, das sie sich bei den Behörden erarbeitet haben, sind mitentscheidend.“

Die Bundesländer zeigen sich unterschiedlich ambitioniert. „Baden-Württemberg ist ein Vorreiter beim Holzbau“, weiß der Braunschweiger Wissenschaftler Rüther. So baute die Städtische Wohnbaugesellschaft in Lörrach im vergangenen Jahr ein Mehrfamilienhaus mit fünf Stockwerken. Für den natürlichen Baustoff sprach an diesem Standort auch die Erd­bebensicherheit, weil Holz Schwingungen besser aufnehmen kann als Bauelemente aus mineralischen Baustoffen wie Mauerwerk oder Stahlbeton.

Norbert Rüther, Forscher am Fraunhofer-Institut

„Baden-Württemberg ist ein Vorreiter“

Viele Bauplaner haben ihre Vorbehalte gegenüber Holz in den letzten Jahren zunehmend abgelegt – etwa hinsichtlich des Brandschutzes. Denn Holz ist sehr berechenbar, auch was die Widerstandsdauer im Brandfall betrifft. So können auch hohe Holzhäuser die strengen Brandschutzauflagen erfüllen.

Aber obwohl mit der Zeit viel Wissen zum Bau mit dem natürlichen Rohstoff gesammelt wurde, fehlen oft Planer, die diese Expertise auch im Geschosswohnungsbau umsetzen können. „Es dauert einfach, bis sich solche Entwicklungen in dieser oft konservativen Branche durchsetzen“, sagt Fraunhofer-Forscher Rüther. Grundsätzliche Bedenken selbst gegen 300 Meter hohe Holzhäuser gebe es aus fachlicher Sicht nicht; kritisch werde es nur, wenn der Holzbau zum Hype werde und bei übereilten Prestigeprojekten am Ende die Qualität leide.

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