berliner szenen
: Zeichen einer
Käfer-WG

Donnergrollen. Wetterleuchten. Der Abendhimmel in Pankow ist bedeckt, selbst die kreischenden Mauersegler fliegen tief. An der grünen Wasserpumpe am Eingang des Schlossparks Pankows stehen mehrere Leute. „Heldbock?“ – „Heldbock.“ Heute gibt es eine Exkursion zu dem vom Aussterben bedrohten Heldbock-Käfer mit echten Experten, um 21 Uhr soll’s losgehen.

Jens Esser, Biologielehrer und Käferkenner, bekommt von Gartenfans erst mal Fotos zur Insektenbestimmung hingehalten. „Was ist das? Der ist bei mir im Garten auf dem Kompost.“ Eine Frau hat wie eine erfahrene Spurensicherin ein Lineal neben den dicken schwarzen Käfer gelegt, ganze vier Zentimeter lang ist der. „Nashornkäfer“, weiß Esser sofort. Nächstes Bild, ein Tier, klein, gelb-schwarz und behaart. „Pinselkäfer.“ – „Häh? Ich dachte, das wär ’ne Biene!“ Wundert sich der Gärtner über eine gelungene Mimikry aus der Insektenwelt. Jens Esser ist jetzt als Käferkundiger anerkannt. „Danke, alle Fragen geklärt!“

Regen tröpfelt. Teenager radeln gackernd an uns vorbei. „So, los geht’s!“ 15 Käferfreunde bewegen sich im Laufschritt zu einer Eiche. Der Baum hat daumengroße Löcher in der Rinde, davor liegen Späne. Sichere Zeichen einer Käfer-WG. Der Stamm wird mit mehreren Taschenlampen abgesucht. Endlich ein Heldbock! „Wo?“ Das Weibchen fällt von der Eiche und wird vorsichtig in die Hand genommen. Geduldig sitzt das braunschwarze, drei Zentimeter große Tier im Blitzlichtgewitter. Fotoapparate klicken, Smart­phones schnalzen.

Das Model bewegt leicht die Fühler. Jetzt reicht’s der Käferin, eigentlich flugfaul hebt sie ab und fliegt weg. „Das hatten wir noch nie!“ Der Regen wird stärker, in Kapuzen vermummt und mit bodenlangen schwarzen Regencapes sehen wir fast selbst aus wie Insekten.

Natalie Stöterau