Kommentar Türkei greift PKK im Irak an: Krieg als Mittel im Wahlkampf

Erdoğans Regierung erklärt, die Armee sei im Begriff, das Hauptquartier der PKK im Nordirak anzugreifen. Als Wahlkampftaktik taugt das nur mäßig.

Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei, bei einer Wahlkampfveranstaltung

Wird ihm der Krieg gegen die PKK im Wahlkampf helfen? Recep Tayyip Erdoğan Foto: dpa

Bis jetzt spielte die kurdische PKK-Guerilla im Wahlkampf in der Türkei kaum eine Rolle. Der „Kampf gegen den Terror“, sonst ein Top-Thema von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, mit dem es ihm immer wieder gelungen war, Unterstützung für seine Regierung zu mobilisieren, schien die Wähler bis jetzt kalt zu lassen. Angesichts der Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und einer dramatisch an Wert verlierenden Landeswährung interessieren sich die meisten Wähler nur noch am Rande für die traditionelle Propaganda.

Doch das könnte sich noch ändern. Erdoğans Regierung machte am Dienstag öffentlich, dass die Armee im Begriff ist, das Hauptquartier der PKK in den Kandilbergen im Nordirak anzugreifen. Seit 20 Jahren werden dem türkischen Publikum die Kandilberge als der Hort des Bösen überhaupt verkauft. Allein der Name „Kandil“ ist eine Chiffre für Terror und Gewalt.

Entsprechende Wirkung hätte es, wenn die Armee auf Anweisung von Erdoğan jetzt den „Hort des Bösen“ stürmen würde. Es könnte dem Präsidenten damit vielleicht sogar gelingen, die Wirtschaftsfragen wieder in den Hintergrund zu drängen.

Allein mit den jetzt verbreiteten Meldungen wird das Terrorthema wieder stärker auf die politische Agenda gedrückt und gleichzeitig an Erdoğans „Sieg in Afrin“ erinnert, den er im Wahlkampf bisher kaum nutzen konnte. Krieg als letztes Mittel, die Nation wieder hinter sich zu bringen, birgt aber auch ein großes Risiko.

Im konkreten Fall: Der Angriff auf die Kandilberge kann auch schiefgehen. Schließlich konnte sich die PKK dort nicht ohne Grund zwei Jahre lang halten. Tote Soldaten und tote Zivilisten im Irak sind nicht gerade eine Empfehlung für eine Regierung. Letztlich ist die türkische Gesellschaft dieses Themas auch völlig überdrüssig. Es könnte deshalb durchaus auch sein, dass der Angriff auf Kandil für Erdoğan gerade zum Gegenteil dessen führt, was er beabsichtigt, und stattdessen das Lager derjenigen stärkt, die lieber auf Verhandlungen als Gewalt setzen.

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