Michael Braun über die Regierungskrise in Italien
: Allesamt nicht regierungsfähig

Nichts geht mehr bei der Regierungsbildung in Rom. Mehr als zwei Monate sind seit den Parlamentswahlen vergangen, doch scheinbar führt kein Weg aus dem politischen Patt. Drei Lager sind im Parlament vertreten: die Rechte als stärkster Block, die Anti-Establishment-Bewegung der Fünf Sterne, die zur größten einzelnen Partei wurde, und schließlich die gemäßigt linke Partito Democratico (PD). Keines dieser Lager hat eine Mehrheit. So etwas ist Normalität in Demokratien – dann muss halt koaliert werden.

Gar nicht normal ist allerdings im italienischen Fall, dass die beiden wahren Wahlsieger klassische, gegen die traditionellen Kräfte angetretene Protestparteien sind – und dass sie die absolute Mehrheit der Wähler hinter sich haben, die Fünf Sterne mit knapp 33 Prozent, die rechtspopulistisch-fremdenfeindliche Lega Nord mit gut 17 Prozent. Eine Chance wäre das vor allem für die Fünf Sterne unter Luigi Di Maio gewesen: die Chance, das Land zu überraschen und den Beweis anzutreten, dass sie nicht bloß oppositions-, sondern auch regierungsfähig sind. Das hätte jedoch die Bereitschaft zu weitgehenden Kompromissen vorausgesetzt – Angeboten, die nicht zu hören waren, angefangen bei der Frage, ob der Ministerpräsident unbedingt Di Maio sein muss.

Das wäre die Chance auch für die PD gewesen. Doch die gefiel sich nicht in der Rolle, als Juniorpartner eine Regierung unter Führung der Fünf-Sterne-Bewegung mitzutragen. Bloß Chaos hätten die anderen angerichtet, lästert jetzt die PD-Führung. Dabei hat sie sich selbst auf pure Verweigerungshaltung zurückgezogen und sogar die Aufnahme von Koalitionsgesprächen verweigert. Sie ist, genau wie die anderen Parteien, jedweder Auseinandersetzung über programmatische Fragen, über den Kurs, den das Land in den nächsten Jahren nehmen sollte, konsequent ausgewichen.

Alle Parteien boten so das Bild von im „Palazzo“ verschanzten, letztlich bürgerfernen Kräften, die bloß über ihre wechselseitigen Vetos stritten. Die Folge: Bald dürften die Bürger erneut zu den Urnen gerufen werden – zu nutzlosen Wahlen allerdings, die am politischen Patt nichts ändern werden.