Kritik an der CSU im bayerischen Landtag: Das Kreuz mit dem Extremismus

Die CSU findet, die Opposition sei zu extremismusnah, die Grünen kritisieren den Missbrauch des Kreuzes. Im Landtag holt sich die CSU zwei Klatschen ab.

Menschen gucken zu Markus Söder und klatschen

Wollte unbedingt zusammenhalten: die CSU Foto: dpa

BERLIN taz | Die CSU ist unter Druck. Erst kürzlich musste sie nach breitem Protesten ihr geplantes Psychiatriegesetz entschärfen, weil es an vielen Stellen psychisch kranke Menschen wie Straftäter behandelte. Zugleich gibt es noch immer Proteste gegen eine Verschärfung des Polizeigesetzes wie auch gegen eine Verordnung der Regierung, in jeder Behörde ein Kreuz aufzuhängen. Beide Themen kochten nun auch im Landtag hoch, wo einerseits die CSU und andererseits die Grünen Dringlichkeitsanträge einbrachten.

Klar wurde im Landtag, dass die CSU ob des großen Protestes gegen das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG), das eine massive Ausweitung polizeilicher Befugnisse vorsieht, sich politisch verteidigen wollte. Dem Antrag zufolge sollte das Parlament Befremden darüber äußern, dass SPD, Grüne und FDP im Bündnis „NoPAG“ sind, an dem auch angeblich extremistische Organisationen beteiligt sind.

In dem Bündnis machten SPD, Grüne und FDP „gemeinsame Sache mit Linksextremisten, mit Gegnern unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, so der CSU-Abgeordnete Thomas Kreuzer. Als Gegenbeispiel brachte er eine Überlegung, die zeigt, in wessen Nähe er seine eigene Partei ideologisch verortet: „Welcher Aufschrei würde durch dieses Parlament gehen, wenn die CSU sich in einem Bündnis mit der AfD oder sogar rechtsextremen Gruppen, wie der NPD engagieren würde?“

Die Gruppen, um die es der CSU geht: die Linksjugend Solid, DKP, der Bund der AntifaschistInnen VVN-BDA, der Arbeiterbund zum Wiederaufbau der KPD und die Rote Hilfe eV. Während diese tatsächlich im bayerischen Verfassungsschutzbericht vorkommen, werden sie dort – wie bei der DKP oder dem Arbeiterbund – als bedeutungslos dargestellt, beziehungsweise dürfte in Frage gestellt werden, warum sie überhaupt vorkommen. So ist Bayern das einzige Bundesland, das den Bund der AntifaschistInnen überhaupt noch nennt, weil er einen „kommunistischen Antifaschismus“ betreibe, und wird deshalb vom VVN-BDA verklagt.

Die Opposition spielte den Ball zurück. Der SPD-Abgeordnete Florian Ritter sagte, ein solcher Antrag von der CSU sei absurd, da die Partei „Haltung, Forderungen, Wortwahl und Kampagnen [kopiere], die man vor zwei Jahren noch in den Pegida-Filterblasen vermutet hätte“. Andererseits bezeichne die CSU Viktor Orbán, „der die plurale Verfassung Ungarns untergräbt, als guten Freund und Partner“.

Die Freie-Wähler-Abgeordnete Eva Gottstein und die Grüne Katharina Schulze verwiesen darauf, dass in dem „NoPAG“-Bündnis auch Gewerkschaften, Journalistenverbände und Anwaltsvereine organisiert sind. Die CSU „diskreditiere den breiten zivilgesellschaftlichen Protest“, so Schulze. „Bringen Sie nicht so sinnlose Gesetze ein, dann muss man auch nicht dagegen demonstrieren.“ Zudem habe sich die CSU selbst gemeinsam mit dem VVN-BDA gegen ein Bürgerbegehren der rechtsextremen Partei „Die Freiheit“ engagiert.

Grundgesetz statt Kreuz

Kurz zuvor holte sich die bayerische Regierungspartei eine weitere Runde Kritik ab, nachdem Ministerpräsident Markus Söder angeordnet hatte, dass alle bayerischen Behörden ein Kreuz aufhängen sollten und dazu sagte, dass dieses kein religiöses Symbol sei, sondern ein kulturelles. Der Antrag der Grünen forderte den Landtag auf, den Missbrauch religiöser Symbole zu missbilligen.

Die CSU verletze nicht nur den Geist der Verfassung, so Grünen-Abgeordnete Katharina Schulze, sie spalte die Gesellschaft, säe Unfrieden und missbrauche ein christliches Symbol. „Ihre Botschaft an alle, die keiner christlichen Kirche angehören, lautet: So richtig gehört ihr nicht dazu“, so Schulze. „Die Botschaft an alle, die einer christlichen Kirche angehören, lautet jetzt wie folgt: Das Kreuz ist nicht mehr ein Symbol eures Glaubens, es ist jetzt auch ein politisches Symbol.“

Die CSU-Abgeordneten waren darauf bedacht, die Worte Söders zurückzunehmen, das Kreuz sei doch ein religiöses Symbol und es gäbe kein Problem, das Symbol einer Mehrheitsreligion auch aufzuhängen. „Sie sind religionsfeindlich, wollen einen laizistischen Staat und Sie möchten Bayern zur religionsfreien Zone machen“, sagte der CSU-Abgeordnete Markus Blume. Im übrigen würden sich sowohl die bayerische Verfassung als auch das Grundgesetz auf Gott beziehen.

CSU gewinnt trotzdem

Die SPD-Abgeordnete Diana Stachowitz kritisierte, dass das Kreuz nicht für die „Grundwerte der Rechts- und Gesellschaftsordnung eines Landes“ stehe, sondern das Grundgesetz garantiere andersherum die Religionsfreiheit. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Florian Streibl befürwortete die Aufhängung der Kreuze, kritisierte aber die penetrante Inszenierung durch Söder: „Unter dem Kreuz wurde viel Unrecht gemacht. Von soher sollte man als Staat, immer sehr vorsichtig sein, was man damit tut. Es sollte einen eher mahnen und zur Vorsicht und Umsicht anleiten, aber nicht zu Großmannssucht und zum Darstellen der eigenen Person.“

Zumindest formell gewann die CSU am Ende dann doch: Der Antrag der CSU zum Extremismus wurde angenommen, der der Grünen zum Kreuz abgelehnt. Dank der CSU-Mehrheit im Landtag.

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