das portrait
: Mit Winnie Mandela verliert Südafrika seine glamouröse „Mutter der Nation“

Foto: Sepp Spiegl/imago

Winnie Mandela ist in Südafrika ihr Leben lang als Anti-Apartheid-Kämpferin verehrt worden. Ihre Ehe mit Südafrikas Befreiungsheld Nelson Mandela war jedoch eine Ehe ohne Mann: Nelson Mandela ging kurz nach ihrer Hochzeit 1958 in den Untergrund. Bereits 1962 verschwand er für 27 Jahre wegen Staatsverrat im Gefängnis. Doch seine Frau führte den Kampf gegen die Unterdrückung durch Weiße in ihrem Land mit großer Verbissenheit und Ausdauer weiter. Es waren harte Jahre, sagte sie einmal rückblickend.

Die junge Sozialarbeiterin und der Anwalt Mandela – das war eine große Liebesgeschichte. Nur selten konnte sie ihn im Gefängnis besuchen. Ihre beiden Kinder wuchsen ohne Vater auf. 1969 musste sie selbst für 18 Monate ins Gefängnis – in Einzelhaft. Die schöne, schüchterne junge Nomzamo Winifred Zanyiwe Madikizela aus Pondoland am Ostkap entwickelte sich zum politischen Gewissen der schwarzen Bevölkerung des Apartheidstaates. Ihre starker Wille, aber auch ihr ausgeprägtes Machtbewusstsein ließen sie zur politischen Ikone werden.

1990 wurde ihr ideologischer Weggefährte und Ehemann aus dem Gefängnis entlassen, und eine Momentaufnahme von dem Paar ging um die Welt: Winnie Mandela schreitet ihrem inzwischen ergrauten Ehemann entgegen, mit erhobener Faust zum Zeichen des schwarzen Kampfs um die Freiheit – umjubelt von den Massen. Aber die Welt hatte sich verändert, und auch Winnie Mandela. In ihrem stetigen Aufbegehren gegen das Unrechtsregime war sie von Mandelas Pfad abgewichen. Sie war die radikale Befehlsführerin eines Fußballklubs in den 80er Jahren in Soweto, dem früheren Wohnort der Mandelas, geworden. Der Klub fungierte seit 1985 als Leibgarde der Ehefrau des ANC-Führers, aber Menschenrechtsverletzungen, sogar Morde ereigneten sich unter ihrer Leitung. Durch Winnies Härte und Terroraktionen in der Township blieb der Name Mandela in den Schlagzeilen – aber auch wegen ihrer Liebschaften. 1988 wurde sie jedoch zusammen mit ihrem Mann mit dem Menschenrechtspreis der Vereinten Nationen geehrt.

Über die Jahre hatte sich das Paar voneinader entfremdet, Winnie Mandela ist von ihrem Mann geschieden worden. Er sei ein einsamer Mensch geworden, sagte damals Nelson Mandela mit tonloser Stimme. 1997 musste sich Winnie Mandela vor der Wahrheitskommission im Gemeindezentrum Mayfair Johannesburg für ihre Gräueltaten im Namen des Fußballklubs, darunter acht angebliche Morde, verantworten: Bischof Desmond Tutu bat sie um eine Entschuldigung – doch sie schwieg.

Die glamouröse Winnie – mit Designerbrille und teurer Kleidung – blieb eine Heldin der Massen, besonders bei denjenigen in der Township, denen der Versöhnungswille ihres Gatten zu weit ging. Lange Jahre führte die als „Mutter der Nation“ angesehene Winnie die ANC-Frauenliga als Präsidentin an. 2009 wurde sie erneut ins Parlament gewählt. Winnie Mandela starb am Montag im Alter von 81 Jahren.

Martina Schwikowski