Puigdemont ist vorerst frei

Das Oberlandesgericht Schleswig entschied gegen eine Auslieferung wegen Rebellion. Kataloniens Ex-Präsident wurde daraufhin gegen Auflagen aus der Haft entlassen

Gut gelaunt aus dem Knast: Puigdemont Foto: C. E. Janssen/imago

Von Christian Rath

Ich möchte mich bei allen bedanken für ihre Hilfe und Solidarität.“ Mit diesen auf Deutsch gesprochenen Worten trat Carles Puigdemont am Freitag vor die zahlreichen Mikrofone, als er das Gefängnis in Neumünster verließ. Er darf Deutschland vorläufig aber nicht verlassen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hatte am Donnerstagabend entschieden, dass eine Auslieferung von Kataloniens Ex-Präsident wegen Rebellion „von vornherein unzulässig“ ist. In Betracht komme nur eine Auslieferung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Das OLG ordnete zwar Auslieferungshaft an, setzte den Haftbefehl jedoch gegen Auflagen aus. Puigdemont musste 75.000 Euro Kaution hinterlegen. Einmal pro Woche muss sich der 55-Jährige bei der Polizei in Neumünster melden.

Als Folge ihrer eigenen Entscheidung nahmen die Richter eine verminderte Fluchtgefahr an. Statt 30 Jahren Haft bei Rebellion drohen dem separatistischen Politiker in Spanien nur noch maximal 8 Jahre Haft wegen Veruntreuung.

Formal hat das OLG bisher nur über den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf Auslieferungshaft entschieden. Dabei war aber auch zu prüfen, ob das spanische Auslieferungsgesuch „von vornherein unzulässig“ ist. Bezüglich des Vorwurfs der Rebellion haben die Richter dies bejaht. Das Merkmal der Gewalt, das sowohl bei der spanischen „Rebellion“ als auch beim deutschen Pendant „Hochverrat“ erforderlich ist, sei nicht in ausreichendem Maße erfüllt. Das OLG rechnete Puigdemont zwar die Gewalt katalonischer Demonstranten zu und folgte damit im Ansatz der spanischen Argumentation. Allerdings sei das Ausmaß der Gewalt nicht geeignet gewesen, so starken Druck auf die spanische Regierung auszuüben, dass dies ihren Willen hätte beugen können.

Das OLG nahm dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs von 1983 Bezug. Damals war der Frankfurter Startbahn-West-Gegner Alexander Schubart vom Vorwurf der Nötigung von Verfassungsorganen freigesprochen worden. Er hatte im November 1981 dazu aufgerufen, den Frankfurter Flughafen gewaltfrei „dicht“ zu machen, worauf es erwartbar zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Letztlich wurde Schubart nur wegen Landfriedensbruch verurteilt, weil das Maß der Gewalt nicht geeignet war, den Willen der hessischen Landesregierung zu beugen.

Das weitere Auslieferungsverfahren im Fall Puigdemont beschränkt sich jetzt auf den Vorwurf der Veruntreuung öffentlicher Gelder. Dabei muss die beiderseitige Strafbarkeit nicht geprüft werden. Denn unter Berufung auf internationale Verträge akzeptierte das OLG überraschend, dass die Spanier „Veruntreuung“ als eine Form von „Korruption“ einstufen, also als ein Standarddelikt des europäischen Haftbefehls ansehen.

Allerdings kritisierte das OLG die „Konkretisierung des Tatvorwurfs“ und stellte Fragen an die spanischen Behörden. Die Richter verlangen von Spanien Belege dafür, dass dem Staat überhaupt ein Schaden entstanden ist.

Eine politische Verfolgung billigten sie Puigdemont aber nicht zu. Aus diesem Grund wird die Auslieferung also nicht für unzulässig erklärt werden.

In seiner kurzen Erklärung nach der Haftentlassung forderte Puigdemont von Spanien, nun auch seine katalanischen Mitstreiter freizulassen. Ihre Inhaftierung sei eine „Schande für ganz Europa“.