die dritte meinung
: Die Menschen im Jemen brauchen endlich Frieden, sagt der Oxfam-Referent Robert Lindner

Robert Lindner

ist Referent für humanitäre Krisen bei der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam.

Die derzeit größte humanitäre Krise der Welt ist von Menschen verursacht: Vor drei Jahren begann eine Militärkoalition unter Führung Saudi-Arabiens mit Luftangriffen auf den Jemen. Wesentliche Teile der Infrastruktur sind mittlerweile zerstört, zeitweise war das Land nahezu völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Dabei ist kaum ein Staat so abhängig von Importen wie der Jemen: Quasi alles, von Nahrungsmitteln über Güter des täglichen Bedarfs bis hin zu Treibstoff für die Wasserpumpen, muss eingeführt werden.

Zerstörungen und Blockade haben dazu geführt, dass die Preise für Lebensmittel seit Beginn der Militärintervention massiv gestiegen sind: Reis hat sich um 131 Prozent verteuert, Bohnen um 92 Prozent, Pflanzenöl um 86 Prozent und Mehl um 54 Prozent.

Im gleichen Zeitraum hat die Zahl hungernder Menschen um 68 Prozent zugenommen und liegt nun bei fast 18  Millionen, 22 Millionen Menschen sind auf Hilfslieferungen angewiesen – das sind zwei Drittel der Bevölkerung. Doch der Hilferuf der Vereinten Nationen für 2018 ist erst zu 5 Prozent finanziert. Hinzu kommt die Cholera: Auch durch den Mangel an sauberem Trinkwasser wurde der Jemen Schauplatz der mit über einer Million Verdachtsfällen und 2.000 Toten größten jemals dokumentierten Choleraepidemie.

Familien berichteten Oxfam, dass sie sich nur einen halben Sack Mehl pro Monat leisten können und mehrfach täglich drei Kilometer bis zur nächsten Wasserstelle zurücklegen müssen. Die Menschen im Jemen sind am Ende ihrer Kraft. Sie brauchen endlich Frieden. Die Ernennung des neuen UN-Sondergesandten für den Jemen, Martin Griffiths, sowie die kürzlichen Aufrufe des UN-Sicherheitsrates zu Waffenstillstand und ungehinderten Hilfslieferungen sind hoffnungsvolle Signale. Vor diesem Hintergrund ist es umso unverständlicher, dass die Bundesregierung erst vor wenigen Tagen die Ausfuhr von acht Patrouillenbooten genehmigt hat. An Saudi-Arabien, das bis vor Kurzem noch eine verheerende Versorgungsblockade des Jemen angeführt hat.