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Hefezopf und Osterlamm

Naschen gehört zum Osterfest, auch da, wo die Religion nicht mehr so eine große Rolle spielt. Viele der Süßwaren und Kuchen entstammen aber der christlichen Tradition

Von Ostern kann man sich eine Scheibe abschneiden Foto: Westend61/imago

Von Michael Pöppl

Es gibt Essensdüfte aus der Kindheit, die vergisst man nicht. Und das Ende der Fastenzeit, in der es eigentlich keine Süßigkeiten gab, duftete besonders gut: nach dem Osterzopf meiner streng katholischen Oma. Schon vor dem Backen roch es in ihrer warmen Küche süß und erdig zugleich. Das Süße kam von der frisch ausgekratzten Vanille und den Rosinen, das Bittererdige von der Hefe, die den Teig wachsen ließ. Essen durften wir den Zopf mit Butter und Honig übrigens erst am Sonntag nach der Ostermesse, da verstand die Oma keinen Spaß.

„Traditionelles Ostergebäck gibt es im ganzen christlichen Raum: in Spanien, Italien, Polen oder Russland. Nach der Fastenzeit gibt es dann überall Besonderes zu naschen“, sagt Professor Manfred Becker-Huberti. Der Theologe aus dem Rheinland beschäftigt sich seit vielen Jahren mit überlieferten Bräuchen und ihren heutigen Auswirkungen im Alltag. Auch wenn das den meisten Menschen längst nicht mehr bewusst sei, enthielten fast alle Feiertagsspeisen re­ligiöse Symbolik. Der Osterzopf verweise zum Beispiel durch seine Form auf die Verflochtenheit zwischen Gott und den Menschen hin, der gebackene Osterkranz als Sonnensymbol auch auf die Rolle Jesu als Erlöser.

Auch das Osterei stehe als starkes Symbol für Fruchtbarkeit und das Leben an sich, nicht nur in der katholischen Kirche. Dass es an Ostern Eier in allen Variationen gebe, sei auch der bäuerlichen Realität zu verdanken, weiß der Brauchtumsforscher. Eier galten als „flüssiges Fleisch“ und fielen daher unters Genussverbot der Fastenzeit: „Aber im Frühjahr haben die Hühner ihre produktivste Phase, deshalb musste man die Eier verarbeiten.“ Das Eierkochen oder das Einlegen als Soleier waren also probate Methoden, kostbare Lebensmittel länger haltbar zu machen.

Fasten und Fastenbrechen gibt es auch heute noch, auch in Gegenden, wo Religion für viele Menschen keine große Rolle mehr spielt. Die meisten von ihnen haben heute ganz andere Gründe, zum Jahresbeginn ein paar Wochen auf „kleine Sünden“ wie Süßes, Alkohol oder aufs Rauchen zu verzichten. Manchen geht es darum, sich die über den Winter angefressenen Speckröllchen abzuhungern, anderen, sich zu beweisen, dass es auch das Glas Wein nach Feierabend gibt. Umso schöner, wenn man es sich dann wieder schmecken lassen darf, zumal in den Supermarktregalen schon seit Wochen Schokoladenosterhasen und Trüffelpralinen lauern.

Mehlstübchen, Leberstr. 28, Schöneberg, Mo.–Fr. 9–18 Uhr, Sa. 9–14 Uhr, www.mehlstuebchen.de

Frau Zeller Tortenmanufaktur, Markthalle Neun, Fr. und Sa. ab 10 Uhr, www.frauzeller.de

Naschmarkt in der Markthalle neun, Eisenbahnstr. 42/43, Kreuzberg, www.naschmarkt-berlin.de, 25. März, 12–18 Uhr, Eintritt 4 Euro

Thérésa Jahn Doyle – Chocolat, www.theresajahndoyle.com

Nach traditionellem Oster­gebäck muss man in Berlin aber suchen, es gibt leider wenige Kiezbäcker, die dann Hefezopf oder Hefekranz in ihrem Sortiment haben. Am besten ist sowieso Selberbacken. Für den Osterzopf braucht man dazu gute Bioeier, viel Butter, frische Hefe (die getrocknete schmeckt einfach nicht so intensiv) und vor allem das richtige Mehl. Das findet man bei Nicole Kamrath im Schöneberger „Mehlstübchen“, die Hunderte verschiedene Sorten im Angebot hat: vom italienischen Pastamehl über die französische Baguette-Mischung bis zu einer großen Auswahl an glutenfreien Sorten, die auch Allergiker vertragen. „Für den Hefezopf würde ich unseren Eliteweizen empfehlen, denn in den Teig kommt ordentlich Butter rein. Dieses Mehl enthält mehr Glutein, verträgt mehr Fett, hat so einen besseren Griff und der Zopf wird erheblich lockerer“, sagt Kamrath. Sie empfiehlt auch, sich beim Zubereiten des Hefeteigs viel Zeit zu nehmen und den schon geformten Zopf vor dem Backen über Nacht kühl zu lagern.

Falls man wenig Lust hat aufs Selberbacken hat, empfiehlt sich vor Ostern der rechtzeitige Besuch der Kreuzberger Markthalle neun. Am Kuchenstand von „Frau Zeller“ findet man Süßes in seiner besten Form, vom klassischen Apfelkuchen bis zur eleganten, mehrbödigen Torte. Die professionelle Bäckerin verwendet zu 80 Prozent Bioprodukte und vor allem Zutaten aus der Region, Handarbeit im besten Sinn und lange Gehzeiten beim Teig sind Teil ihrer tollen Rezepte. Neben Hefegebäck sind gerade auch traditionelle Osterlämmer gefragt, wie Annette Zeller erzählt: „Im Moment habe ich jede Menge Vorbestellungen.“

Noch mehr Süßes vor Ostern gibt es beim „Naschmarkt“ in der Markthalle neun. Im Mittelpunkt des hochwertigen Süßwarenangebots aus regionalen Manufakturen wird diesmal vor allem die Schokolade stehen. Und das durchaus in einem politischen Kontext: Anlässlich der „World Cocoa Conference“, die im April in Berlin stattfinden wird, wollen die lokalen Manufakturen und Händler ein Statement für fairen Kakaohandel setzen. Dabei ist auch Thérésa Jahn Doyle, die ihre handgemachten französischen Pralinen und Trüffel sonst auf den Wochenmärkten in Babelsberg und Wannsee verkauft. Zum Konzept ihrer Schokoladenmanufaktur gehört seit Anbeginn, dass sie ihre Kakaobohnen, aus denen sie ihre fantastischen Köstlichkeiten fertigt direkt bei den Bauern aus Ecuador, Peru oder dem Kongo bezieht. Extra für Ostern und den Naschmarkt hat die Chocolatière für Frankreich typische Osterhühner und kleine Osterhasen aus weißer und zartbitterer Schokolade gemacht, die mit Kuvertüre handbemalt wurden, jedes Tierchen ein süßes Einzelstück und ideal zum Fastenbrechen.