Auf die ein oder andere Art

HYBRID Japaner machen’s vor: Autos, die je nach Bedarf einen elektrischen Antrieb oder einen Verbrennungsmotor nutzen, punkten mit niedrigem CO2-Ausstoß

Strenge Grenzwerte? Eine Herausforderung für die Industrie, aber kein Kunststück

VON OLE SCHULZ

Als die diesjährige Auto-Umweltliste des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) im Sommer vorgestellt wurde, konnte sich ein deutscher Autobauer freuen: Erstmalig wurde mit dem erdgasbetriebenen VW Eco-Up ein deutsches Modell zum Gesamtsieger. Mehr Positives für die heimische Industrie war aus der Öko-Rangliste aber kaum zu entnehmen: Denn auf den restlichen Plätzen dominieren seit 2003 ausländische Hybridautos, also Fahrzeuge, die einen Verbrennungs- und einen Elektromotor für den Antrieb nutzen. Bei niedrigen Geschwindigkeiten fahren sie elektrisch, bei Beschleunigungen und höheren Geschwindigkeiten schaltet sich der Verbrennungsmotor zu.

Doch obwohl die Hybridtechnik in Deutschland erfunden wurde, hat man hier seine Entwicklung zur Serienreife verschlafen. „Man kann sich bei Toyota bedanken, dass sie vor fast 20 Jahren die Entwicklung der Hybride eingeleitet haben“, sagt Professor Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen.

Toyotas erstes Hybrid-Großserienmodell Prius gibt es mittlerweile in dritter Generation. Der japanische Konzern wird seinen Hybrid-Absatz in diesem Jahr weltweit auf deutlich mehr als eine Million Wagen verdoppeln. Auf der VCD-Auto-Umweltliste 2012 ist es der Toyota Yaris Hybrid, welcher mit einem Verbrauchswert von 3,5 Litern Super pro 100 Kilometer und einem CO2-Wert von 79 Gramm pro Kilometer die besten Umweltwerte erzielt. Zudem ist er mit knapp 17.000 Euro vor den Honda-Modellen Jazz und Insight der billigste Vollhybrid-Kleinwagen auf dem Markt.

Die deutschen Automobilkonzerne bieten laut VCD indes bisher „vornehmlich schwere Spritfresser“ der Mittel- und Oberklasse an. Es sei daher notwendig, dass die Hybridtechnik zunehmend auch in kleineren Wagen zur Anwendung komme, sagt Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD. Generell hält Lottsiepen Hybride für eine „spannende, vergleichsweise saubere Technik“; sie seien das „ideale Fahrzeug für Ballungsgebiete“. Darum sei es auch unverständlich, dass nicht mehr Hybride als Taxen genutzt werden und Mercedes kein entsprechendes Modell anbietet.

Doch auch im Land der Dieselmotoren freunden sich allmählich mehr mit den Hybriden an. Bis September 2012 rollten schon mehr Hybridautos als die 12.622 im ganzen Vorjahr auf die deutschen Straßen. Neue Modelle befördern diesen Trend, Toyota etwa führt inzwischen für jedes Segment ein Hybridauto. Wer Pkws mit alternativer Antriebstechnik selber in Augenschein nehmen und ausprobieren möchte, dem empfiehlt der VCD, Carsharing-Angebote zu nutzen.

Bei einem Hybrid nimmt man im Prinzip einen sparsamen Benziner für die Vorderachse und einen kleinen Elektromotor für die Hinterachse, deren Zusammenspiel durch eine intelligente Software geregelt wird. Gerade im Stopp-and-Go-Stadtverkehr verbrauchen sie deutlich weniger Sprit als herkömmliche Autos. Dazu sind sie in der Regel auch leiser, weil der Verbrennungsmotor so oft wie möglich vom Elektromotor unterstützt oder abgelöst wird und an der Ampel der Motor ohnehin nicht läuft.

Bislang sind Hybride in Deutschland – anders als zum Beispiel in den USA – mit einem Anteil von inzwischen knapp einem Prozent aber immer noch ein kleiner Nischenmarkt. Angesichts teurer Kraftstoffe könnte sich das aber ändern. Die Hersteller werden derweil durch EU-Vorgaben zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes zum Handeln gezwungen. Bis zum Jahr 2015 soll der Wert auf 130 Gramm pro Kilometer sinken; welcher Wert bis 2020 erreicht werden soll – in der Diskussion sind unter anderem 95 Gramm –, darüber wird derzeit heftig gestritten.

Einig sind sich die Experten hingegen, dass der Trend zur Hybridisierung weiter fortschreiten und alle Antriebstechniken erreichen wird. Peugeot hat mit dem Modell 3008 Hybrid4 den ersten Diesel-Vollhybrid auf den Markt gebracht. Auch Kombinationen mit Gasantrieb sind zu erwarten. Von Toyota und Volvo gibt es die ersten „Plug In“-Hybride: Ihre größere Batterie kann an der Steckdose aufgeladen werden. Ein Vorteil ist ihre erheblich größere Reichweite: Sie können bis über 20 Kilometer rein elektrisch fahren, normale Hybride nur wenige Kilometer.

Dass der Toyota Yaris Hybrid auf der VCD-Auto-Umweltliste trotz bester Umweltwerte dieses Jahr nur auf dem zweiten Platz landete, hat im Übrigen einen besonderen Grund: seinen überraschend schlechten Lärmwert. Laut VCD wurde wohl aus Kostengründen auf einen besseren Schalldämpfer und effektivere Dämmung verzichtet. Gerd Lottsiepen vom VCD hofft daher, dass Toyota noch mal an den Yaris Hybrid rangeht – mit einigen „kleineren konstruktiven Veränderungen“ ließe sich der schlechte Lärmwert schon deutlich verbessern.

Um die Hybride in Deutschland insgesamt voranzubringen, empfiehlt der Direktor des CAR-Instituts Ferdinand Dudenhöffer, „endlich das Steuersystem für Kraftstoffe zu reformieren“ und den unsinnigen Steuervorteilen für Diesel ein Ende zu bereiten. Laut Gerd Lottsiepen vom VCD ist das Wichtigste dagegen, dass EU-weit „ambitionierte CO2-Grenzwerte festgelegt werden“. Der VCD hält einen sogenannten Flottengrenzwert von 80 Gramm CO2-Ausstoß auf einen Kilometer für machbar. Das sei zwar eine Herausforderung für die Industrie, verlange aber keine Zauberkunststücke.

Auch CAR-Chef Ferdinand Dudenhöffer hält strikte Grenzwerte für den richtigen Weg. Sollten der Industrie keine Vorgaben gemacht werden, wäre das ein „falsches Entgegenkommen“. Die deutsche Autoindustrie habe einen „großen Technologievorteil bei Spritspartechniken“. Und den gelte es auszuspielen.