die woche in berlin
: die woche in berlin

Die Vorbereitungen zum Konzert der Rolling Stones im Olympiastadion laufen, das Bundesverwaltungsgericht hat in Sachen Diesel-Fahrverbote ein Urteil gefällt, Polizeipräsident Kandt muss gehen, und für die Werkstatt der Kulturen werden Ideen gesucht

Die Pyramiden des Rock

Warten auf die Stones im Olympiastadion

Nun ist es so, dass es eigentlich nicht viel Aufhebens wert sein sollte, wenn mal wieder eine Kapelle in der Stadt ein Konzert zu geben gedenkt.

Eigentlich.

Hier aber handelt es sich eben um die größte Band der Welt. Das Synonym für Rock’n’ Roll. Bitte sehr, meine Damen und Herren: die Rolling Stones.

Und da ist es sogar wieder mitteilenswert, dass diesmal nicht gleich, wenige Minuten nachdem die Tickets für das Konzert am Mittwoch in den Verkauf gingen, ein „Ausverkauft“ die Runde machte, so, wie das sonst zur üblichen Die-Stones-kommen-in-die-Stadt-Folklore gehörte.

Sind aber auch happige Preise, die hier aufgerufen werden. Knapp über hundert Euro kosten die Billigheimertickets. Man kann aber auch Karten mit einem deftigen Topzuschlag für 800 Euro haben.

Trotzdem wird das Olympiastadion am 22. Juni mit mehr als 60.000 Fans wohl voll sein. Weil, this could be the last time, maybe the last time … Immerhin ist Frontmann Mick Jagger bereits 74. In dem Alter war der Bluesmusiker Muddy Waters, von dem die Stones ihren Namen aus einem seiner Songs geborgt haben, bereits seit vier Jahren tot.

Zum Mythos der Rolling Stones gehört durchaus Gewalt. Eine elementare Kraft. Was im Besonderen auch eine Berliner Geschichte ist mit der demolierten Waldbühne und den Krawallen, als die Stones erstmals in der Stadt gastierten, 1965. Von dieser Randale hatte man auch in der DDR etwas mitbekommen, sodass Walter Ulbricht maulte: „Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Ye-Ye-Ye, und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen.“ Was man gleich machte und den Rock wenigstens ein paar Jahre lang von den Ostbühnen scheuchte.

Weil der Rock mal eine machtvolle Bewegung war. Und dass er in den vergangenen Jahrzehnten so ziemlich alles von dieser Relevanz eingebüßt hat, kann man ja nicht den Stones vorwerfen. Die machen halt auch nur stur weiter ihre Arbeit.

Schon eine Art Weltkulturerbe sind sie damit geworden. So markant und letztlich auch bedeutungsleer wie die Pyramiden von Gizeh. Von Millionen Touristen bestaunt und von einem Kult kündend, der sich bereits vor langer Zeit in der Wüste verloren hat.

Aber, you can’t always get what you want, alles wird man nicht bekommen an diesem Abend im Juni im Olympiastadion, selbst wenn Mick Jagger „Satisfaction“ singen wird.

Wer aber wirklich spüren will, was da mal war, schaut sich vorab ein paar alte Aufnahmen, aus den Sechzigern, im Netz oder sonst wo an. Die Rolling Stones. Der Rock.

Thomas Mauch

Ein eher leidiges Präsent

Diesel-Fahrverbote möglich gemacht

Ein Danaergeschenk kann man es nennen, also ein wenig glücklich machendes Präsent. Oder man kann es, weil es ja eine juristische Angelegenheit ist, mit dem Tatbestand „aufgedrängte Bereicherung“ vergleichen. In jedem Fall ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das am Dienstag Fahrverbote für Dieselautos erlaubte, nichts, um dass sich der Senat gerissen hätte. Vor allem nicht die Grünen.

Da mögen jetzt alle lauthals loben, dass man nun endlich Klarheit habe – leichter wird die Sache dadurch nicht. Keiner von Berlins führenden Politikern jubelte am Dienstag laut, dass man nun endlich die Dieselstinker von der Straße holen könne. Denn was in Sachen Gesundheit völlig angemessen wäre, ist politisch äußerst schwierig: Wer Fahrverbote anordnet, wird nicht etwa als Heilsbringer wahrgenommen, sondern als Verbieter, Einschränker und grundsätzlicher Autofeind. Und weil das alles Attribute sind, mit denen nicht wenige sowieso schon die Grünen belegen, hat diese Partei natürlich ein besonderes Problem mit dem Gerichtsurteil.

Darum waren die parteilose, aber Grünen-nahe Verkehrssenatorin Regine Günther und weitere führende Grüne am Dienstag auch gleich so bemüht, die Schuld für das ganze Dilemma der Bundesregierung zuzuschieben, um ja klarzumachen: Wenn wir denn nolens volens Fahrverbote aussprechen müssen, dann sind daran nicht wir schuld, sondern ganz andere. Aber es ist eben der Überbringer der schlechten Nachricht und nicht ihr Verursacher, der bestraft wird – in diesem Fall bei der nächsten Wahl.

In einem Punkt allerdings ist das Urteil hilfreich: Fahrverbote sind nun das drohende größere Übel, das auch dem größten Autofreund vermitteln kann, dass Tempo 30 doch nicht der Untergang des Abendlandes ist. Was allerdings immer noch eine gewisse Abstraktionsfähigkeit voraussetzt.

Senatorin Günther und die Grünen, aber auch der rot-rote Restsenat, sie alle werden darauf hoffen, dass Geschwindigkeitsbegrenzung und veränderte Ampelschaltung reichen, den Stickoxidausstoß bis Jahresende unter die Grenzwerte zu bringen; und dass sich die Autoindustrie doch noch zum Umrüsten verpflichten lässt. Sonst kann man mit Spannung darauf warten, wer am Ende das Fahrverbot verkünden muss und damit zum Lieblingsfeind der Dieselfahrer wird. Stefan Alberti

Schnell mal vor die Tür gesetzt

Innensenator entlässt Polizeipräsident Kandt

In den sozialen Netzwerken der Polizei kursiert zurzeit ein Foto. Es zeigt, wie Klaus Kandt gefaltete Umzugskartons in die Polizeibehörde schleppt. Am Montag hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) den Polizeipräsidenten fristlos entlassen. Beobachter der Polizei haben das seit Längerem erwartet, Kandt selbst hatte damit überhaupt nicht gerechnet.

Auf dem Foto, das heimlich aufgenommen wurde, wirkt Kandt wie ein geprügelter Hund, der von seinem Herrn vor die Tür gesetzt worden ist. Einen etwas würdigeren Abgang hätte man ihm schon gewünscht. Das ändert aber nichts daran, dass Geisels Entscheidung richtig ist.

Es sind nicht nur die Versäumnisse im Fall des islamistischen Attentäters vom Breitscheidplatz Anis Amri und die Zustände in der Polizeiakademie, weshalb der Schnitt nötig war. Ein Neuanfang bei der Polizei lässt sich mit einem Klaus Kandt nicht verkaufen. Denn dass die Behörde heute so schlecht dasteht, ist schließlich auch seine Schuld: mangelndes Personal, Ausrüstung veraltet, Dienstgebäude und Trainingsanlagen verrottet. Aber gegen die politisch Verantwortlichen, sprich den Dienstherrn, aufzumucken, ist nicht Kandts Stil.

Schon als er 2012 von der Bundespolizei vom damaligen CDU-Innensenator Frank Henkel ins Amt geholt wurde, eilte Kandt der Ruf voraus, ein Zauderer zu sein. Besser als ein Hardliner, dachte man sich da. Kandt und Henkel – das war ein enges Paar. Dass Kandt seinem neuen Dienstherrn Geisel ebenso treu ergeben gewesen ist, ändert nichts an der Tatsache, dass sich in der Öffentlichkeit das Bild festgesetzt hat: Kandt ist Henkels Buddy.

Dazu kommt: Die Stimmung in der 22.000 Mitarbeiter zählenden Behörde ist denkbar schlecht. Mit fast allen Führungskräften der Direktionen, mit Personalratsvertretern und den Polizeigewerkschaften hätten sich Kandt und die Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers überworfen, heißt es. Die resolute Koppers sei in der Polizeiführung der Spiritus Rector gewesen, Kandt ihr Schatten. Weil die 54-jährige Juristin nun am 1. März zur Generalstaatsanwältin von Berlin ernannt wurde, wäre es um Kandt ziemlich einsam geworden.

Der Zeitpunkt, den Polizeipräsidenten aus dem Rennen zu nehmen, hätte günstiger nicht sein können. Rund 40 Millionen Euro hat die rot-rot-grüne Landesregierung für eine Ausrüstungsoffensive bereitgestellt. Mit zwei neuen Gesichtern an der Spitze wird der Neuanfang nun komplettiert. Dass Kandt die Entwicklung nicht kommen sah, zeigt, wie sehr er sich selbst überschätzt hat und in einer Blase lebte. Jederzeit ohne Angabe von Gründen die Koffer packen zu müssen – das ist nun mal die Bestimmung des politischen Beamten. Plutonia Plarre

Streit rund um ein Symbol

Ideenwettbewerb für die Werkstatt der Kulturen

Diskutiert wird über Konzept und Zukunft der Werkstatt der Kulturen nicht erst seit gestern. Doch seit der Kultursenator, der mit Antritt der rot-rot-grünen Landesregierung die Zuständigkeit für die traditionsreiche Kultureinrichtung an der Hasenheide übernahm, mit einem Wettbewerb nach neuen Ideen für die Werkstatt sucht, spitzte sich die Debatte in dieser Woche zu. Nicht nur die bisherige Leitung der Werkstatt sieht sich düpiert. Auch Migrantenorganisationen kritisieren das Vorgehen des Senators. Zu Recht.

Ein wichtiger Punkt der politisch geäußerten Kritik an Philippa Ebénés Arbeit, die 2008 die Leitung der Werkstatt übernahm, war nämlich, dass sie mit Eigenproduktionen und kuratierten Veranstaltungsreihen die eigentliche Aufgabe der 1993 von der damaligen Ausländerbeauftragten Barbara John gegründeten Werkstatt vernachlässigt habe, Migrantenvereinen eine Plattform zur Präsentation ihrer Kulturen und Anliegen zu bieten.

Verbände wie der Migrationsrat, eine Dachorganisation von 66 Vereinen, sehen das aber anders: Die Werkstatt der Kulturen sei „wichtig für die Sichtbarkeit und Repräsentation von EinwanderInnen, aber auch deutschen Schwarzen und Roma“ in Berlin, sagte am Donnerstag Koray Yılmaz-Günay vom Vorstand des Rates im taz-Interview: Sie sei damit für EinwanderInnen „ein Symbol der Zugehörigkeit zu dieser Stadt“.

Zum anderen wundert sich der Migrationsrat darüber, warum Kultursenator Klaus Lederer (Linke), wenn er denn nach neuen Ideen für die Werkstatt sucht, gerade die dort zuletzt angeblich benachteiligten Einwanderervereine nicht mit einbezieht.

Es könne sich ja jeder an dem Ideenwettbewerb beteiligen, heißt es dazu aus der Kulturverwaltung. Doch das ist Augenwischerei – wie jeder in der öffentlichen Verwaltung weiß, der mit Ausschreibungen zu tun hat. Vereine gerade kleinerer Einwanderercommunitys sind Feierabend-Ehrenamt-Beschäftigungen – es fehlt an Man- und Womanpower, Zeit, Geld und Know-how für die Teilnahme an bürokratischen Ausschreibungsverfahren. Deren Anforderungen zu bewältigen erfordert Professionalität – wen mag der Kultursenator da im Auge haben? Alke Wierth

Da mögen jetzt alle lauthals loben, dass man nun Klarheit habe – leichter wird die Sache dadurch nicht

Stefan Alberti über die möglich gemachten Diesel-Fahrverbote