Giftige Geschäfte in Kriegszeiten

Ein UN-Expertengremium will Hinweise darauf gefunden haben, dass Nordkorea Syrien mit Materialien für Chemiewaffen beliefert

Ein Chemiewaffenexperte der UNO untersucht Material, das bei einem Angriff in Syrien im Jahr 2013 zum Einsatz kam Foto: Mohamed Abdullah/reuters

Von Jutta Lietsch

Hilft Nordkorea dem syrischen Militär, Chemiewaffen herzustellen, die derzeit im Krieg gegen die Bevölkerung eingesetzt werden können? UNO-Experten halten das für sehr wahrscheinlich, wie ein jetzt durchgesickerter Report zeigt. Die New York Times berichtete zuerst am Dienstag darüber.

Danach ist es Nordkorea im Zeitraum von 2012 bis 2017 gelungen, Material nach Syrien zu verkaufen, das sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke genutzt werden kann. Dass der UN-Sicherheitsrat mehrfach Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang verhängt hat, weil es die Welt mit Atom- und Raketentests in Atem hält, störte offenbar nicht.

Zu den genannten Materialien gehörten etwa säure- und hitzebeständige Kacheln, Ventile, Thermometer und Rohre, wie sie in Laboren verwendet werden, in denen hochgefährliche Chemikalien produziert werden könnten. In rund 40 Fällen sei es den Nordkoreanern in dieser Zeit gelungen, ihre verbotene Fracht nach Syrien zu verschiffen. Das Zentrum für wissenschaftliche Studien und Forschungen, eine staatliche syrische Behörde, habe Nordkorea über den Umweg einer Reihe von Strohfirmen bezahlt.

Nordkoreanische Techniker

Bodenoffensive Syrische Bodentruppen sind am Mittwoch auf die von Rebellen gehaltene Region Ost-Ghouta nahe der Hauptstadt Damaskus vorgerückt. Die loyal zu Präsident Baschar al-Assad stehenden Soldaten versuchten, Boden gutzumachen, berichteten Insider auf beiden Seiten und die Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die Angriffe richteten sich auf den östlichen Rand des Rebellengebiets.

Russland hat eine tägliche Feuerpause von fünf Stunden und einen „humanitären Korridor“ angekündigt. Moskau und Damaskus warfen den Rebellen vor, den Korridor zu beschießen. Deshalb seien keine Zivilisten aus der Ost-Ghouta herausgekommen, meldete die russische Nachrichtenagentur RIA. Die Rebellen erklärten, die Menschen hätten Angst vor Assad und harrten deshalb in der Ost-Ghouta aus. (rtr)

Nach Informationen der BBC sollen Chemiewaffen im vergangenen Jahr in drei Einrichtungen des Zentrums – Masyaf, Dummar und Barzeh – hergestellt worden sein. In Barzeh sollen auch nordkoreanische Techniker gesichtet worden seien. Die syrische Regierung erklärte hingegen, es seien nur nordkoreanische „Sportler“ und Trainer im Land. Das internationale Expertenteam hat den – bislang nicht veröffentlichten – 200-Seiten-Bericht im Auftrag des UN-Sicherheitsrats erstellt. Die Fachleute überprüfen regelmäßig, ob die gegen Nordkorea seit vielen Jahren verhängten Wirtschaftssanktionen und andere Strafmaßnahmen wirken.

Bereits in ihrem Halbjahresbericht vom vergangenen August stellten sie fest, dass Nordkorea „signifikante technische Fortschritte“ in puncto Massenvernichtungswaffen gemacht habe. Und zwar „trotz der umfassendsten und gezieltesten Sanktionen, die jemals in der Geschichte der Vereinten Nationen verhängt worden sind“. Unverblümt mussten die Experten schon damals einräumen: In dem Maße, in dem die Sanktionen ausgeweitet werden, wachse auch Nordkoreas „Fähigkeit, diese zu umgehen“.