die wortkunde
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„Der Morgen danach. Noch bevor ich wach werde, durchströmt mich diese vertraute Panikwelle und es rumort in meinem Kopf: Scheiße, wie soll ich die letzten sieben Monate bloß rückgängig machen?! Was habe ich mir überhaupt dabei gedacht, ihn zu treffen, mit ihm zu schlafen, seine Eltern kennenzulernen, bei ihm einzuziehen? – Keine Ahnung, Hauptsache, weg hier. Sachen packen, nach Hause und das Wichtigste: ihn bei WhatsApp, Facebook, Instagram, Snapchat, Tinder und Grindr blockieren. Puuuh … gerade noch mal gut gegangen. Die Panik weicht – unendlicher Erleichterung.“

Das geht möglicherweise der Person durch den Kopf, die GHOSTING betreibt – also den Partner plötzlich und ohne Ankündigung komplett ignoriert.

Die Dating-Plattform ElitePartner hat eine Studie zum Thema „Wie geht Liebe und Dating im Jahr 2018“ vorgelegt. Dafür wurden 11.868 erwachsene deutsche Internetnutzer (keine ElitePartner-Mitglieder) befragt. Laut der Studie hat jede vierte Frau (und jeder fünfte Mann) schon einmal jemanden „ge­ghostet“; bei den Single-Frauen bis 29 Jahre seien es sogar 36 Prozent.

Jemanden zu „ghosten“ heißt, wortlos und ohne Vorwarnung vollkommen aus dem Beziehungsradar zu verschwinden. Einmal resettet, wird dann so getan, als hätte es die gemeinsame Zeit überhaupt nicht gegeben. Nicht nur in Partnerschaften, sondern auch in Freundschaften wird dieser Trend immer populärer. Statt in einem schmerzvollen Trennungsgespräch alle Ereignisse der letzten Monate durchzukauen, geht man lieber zum nächsten Online-Date.

Ein bisschen kann man Ghosting schon nachvollziehen. Einerseits ist es egoistisch, jemanden zu ghosten, um nicht erklären zu müssen, warum man die Beziehung beenden möchte, andererseits mag es verständliche Beweggründe geben. Manchmal möchte man die andere Person nicht verletzen. Nach ein oder zwei Dates mag das okay sein.

„Früher haben wir noch für die Ehe gekämpft“, poltert es da schnell. Passt aber nicht ganz – ist das Konzept Ehe nur noch ein Relikt aus Zeiten, in denen Frauen und Männer Zweck-Symbiosen eingehen mussten, damit Geld reinkommt und die Kinder das Haus nicht in Brand setzen. Trotzdem: Wer schon eine Beziehung hat, hat eine gemeinsamen Vergangenheit – ob die schön ist oder nicht. Damit umzugehen ist man sich und einander schuldig. Alles andere ist feige. Katharina Korn